"Nichts zu danken." Das muss er wirklich nicht. Ich habe doch auch etwas davon ihn seiner Routine und seinen Plänen zu entreißen und dazu zu überreden stattdessen lieber etwas mit mir zu unternehmen. Ich verbringe nämlich wirklich gerne Zeit mit diesem Mann. Hier und da nagt, wenn ich versuche ihn aus dem Haus zu locken, das schlechte Gewissen an mir, weil ich ihn schließlich auch nicht von etwas wichtigem abhalten möchte. Mir ist zum Beispiel durchaus bewusst, dass er derart gut ist, weil er nun mal viel übt. Ich möchte ihm nichts kaputt machen. Aber ich versuche mein Gewissen dann immer damit zu beruhigen, dass er es mir sagen würde, wenn es zu viel ist. Das ist zwar bisher noch nicht vorgekommen, aber ich bin mir trotzdem sicher. Ich überrede ihn nun ja auch nicht jeden Tag. Dazu ist mein eigenes Leben viel zu viel. "Da sind wir schon." Es waren nun tatsächlich nur einige Schritte, nur drei oder vier Fassaden an denen wir vorbeigehen musste, um zu dem indischen Imbiss zu gelangen, der mir in den Sinn gekommen. "Magst du indisch?", frage ich vorsichtshalber nach, weil es nicht für jedermann etwas ist.
Ich würde es ihr sagen, wenn sie mich wirklich von etwas wichtigem abhalten würde. Doch ich bin froh, dass sie mich immer mal wieder rausreißt und mir damit wirklich schöne Momente beschert. Heute ist es ja wieder so. Es war eine gute Entscheidung auf sie zu hören. Mein Blick geht zu dem Restaurant, vor dem wir nun stehen und ich grinse leicht. "Ich liebe indisches Essen." Ich habe tatsächlich eine große Schwäche dafür und freue mich, dass sie diese Wahl getroffen hat. Mein Blick geht noch einmal zu ihr und ich öffne ihr die Tür, damit sie an mir vorbei eintreten kann. Dass wir uns dabei natürlich berühren ist ein sehr positiver Nebeneffekt, den ich vielleicht beabsichtigt hatte. Mein Blick wandert durch den Raum und ich finde es wirklich sehr gemütlich. Direkt kommt uns jemand entgegen, Mia stellt mich vor und wir werden zu einem Tisch gebracht. Wenn man uns wirlich beobachten würde - über längere Zeit - dann wüsste man sicherlich, dass es nicht nur eine Freundschaft ist, die sich hier entwickelt. Wir verbringen wirklich viel Zeit miteinander. Zum Glück. Wir bekommen die Karten und öffne meine. "Kannst du etwas empfehlen?" Ich sehe, dass die veganen Gerichte extra gekennzeichnet sind, was ich sehr gut finde. Das macht das ganze um einiges einfacher. "Ich liebe ja indischen Spinat." Und ich hoffe sehr, dass sie eine vegane Variante in der Karte haben.
"Oh, dann wirst du die 452 lieben. Da ist Spinat bei und es ist wirklich super lecker. Ein bisschen scharf, aber nicht zu sehr." Da er indisches Essen gerne isst, wird er sich denken können welchen Schärfe-Grad es hat, wenn ich von ein bisschen spreche. Er schaut von mir auf seine Karte und strecke meine Hand aus, um auf den unteren Bereich seiiner Karte zu tippen. "Irgendwo da unten bei den veganen Sachen müsste es stehen. Als eines der letzten Gerichte." Deswegen deute ich extra darauf, damit er nicht zu lange danach suchen muss. Ich ziehe meine Hand wieder zurück und werfe selbst einen Blick auf meine Karte. Ich kenne alle veganen Gerichte, aber muss noch herausfinden worauf ich heute Lust habe. Vielleicht etwas anderes als er nimmt? Dann kann er bei mir ein bisschen was probieren, wenn er das möchte. "Ich nehme die 461." Ich nicke als würde ich meine eigene Entscheidung noch bekräftigen wollen und lege die Karte dann neben mich auf den Tisch. Nach den Getränken muss ich gar nicht erst schauen, denn zum einen weiß ich was da steht und zum anderen trinke ich immer dasselbe, wenn ich hier bin - Wasser. Kurz wandert mein Blick neben uns an die Wand zu dem Bild mit den Kamelen. Es gefällt mir, dass er uns den Platz hinten in der Ecke ausgesucht hat, denn so haben wir ein bisschen Raum für uns. Der Laden ist zwar um diese Uhrzeit noch eher spärlich besucht, aber trotzdem. "Ich hoffe, dass es dir schmeckt. Ich finde es hier super lecker, aber..." Ich zucke gaz leicht mit meinen Schultern. Als auch er die Karte weglegt, dauert es nur eine Minute und die Kellnerin erscheint neben uns. Wir lächeln sie beide freundlich an, bestellen und widmen uns dann wieder uns beiden als sie weg ist. "Wie war dein Tag heute?", frage ich interessiert. Wir sind noch gar nicht dazu gekommen uns diesbezüglich auszutauschen, aber ich mag es sehr von ihm zu hören wie seine Tage so sind, was er so gemacht hat, wie es in der Uni war. Erstens interessiert es mich wirklich, zweitens lerne ich ihn so immer mehr kennen und drittens höre ich auch einfach echt gerne seiner Stimme zu.
"Ich werde auf jeden Fall die 452 nehmen. Das ist perfekt." Sein Blick trifft ihren und er lächelt sie an. "Es schmeckt mir sicher." Bisher hat sie ihn in noch kein schlechtes Restaurant geführt und da er indisches liebt, ist er guter Dinge. Außerdem ist er mit ihr hier. Das ist eh die Hauptsache für ihn. Sie haben eine ruhige Ecke erwischt und so werden sie vielleicht nicht erwischt, wenn sie Blicke und vielleicht auch kleine Berührungen austauschen. Die Kellnerin kommt und wir bestellen unser Essen und Getränke. Da auch ich Wasser trinken werde, haben wir direkt eine Flasche und zwei Gläser bestellt. Ist mir aufgefallen, dass sie in meiner Gegenwart auch keinen Alkohol mehr trinkt? Ist es. Ich weiß nicht, ob sie das bewusst tut, doch ich kann es mir gut vorstellen. Ich muss sie bei Gelegenheit mal danach fragen. Tatsächlich habe ich keinen Tropfen mehr angerührt nach unserem Gespräch. Ich hatte schon des Öfteren Diskussionen wegen Alkohol geführt und wieso ich diesen noch trinke, doch irgendwas an diesem Tag hat mich dazu bewegt von nun an auch darauf zu verzichten - was mir zum Glück nicht so schwer fällt wie manch anderes. Nachdem sie mir die Frage gestellt hat, kommt gerade die Kellnerin und bringt uns unser Wasser. "Danke." Ich lächle leicht und trinke dann erst einmal einen Schluck. "Ganz gut." Ich nicke und sehe in ihrem Blick, dass sie noch mehr hören will. Nun muss ich etwas lachen. "Okay, okay. Hatte heute viel Theorie, ist okay. Wir bereiten uns so langsam auf den Abschlusstest vor." Versetzt mich dieser in leichte Panik, obwohl ich eigentlich alles weiß? Ja. "In zwei Wochen, kurz vor dem Konzert." Sie hat mich nicht gefragt, wann dieser ist, doch das hätte sie sicherlich gleich. Es kommen der Test und das Konzert zusammen. Ich will mit meiner Hand durch mein Haar streichen und merke, dass ich die Sonnenbrille noch auf dem Kopf trage. Ich nehme sie ab, schiebe die Bügel zusammen und lege sie auf den Tisch an die Seite. "Ansonsten war nicht viel. In der Mittagspause haben wir was gegessen und dann ging es weiter. Oh und dann hatte ich noch einen kleinen Schlagabtausch mit einer Dame, ob ich meine Zeit nicht mit ihr anstatt mit meinem Klavier verbringen möchte." Ich grinse leicht. "Tatsächlich wird mir gerade bewusst, dass ich meine Zeit sehr gern mit ihr auf meinem Klavier verbringe." Ich greife wieder nach meinem Glas und trinke grinsend noch einen Schluck.
Schlagabtausch mit einer Dame? Dann macht es klick. Oh Gott! Er meint mich. Es gelingt mir gerade so meine Mimik unter Kontrolle zu halten und nicht peinlich berührt über mich selbst zu lachen. Ich nehme vorsichtshalber mein Glas in die Hand und trinke einen Schluck Wasser, um ganz sicher zu gehen das mein Mund damit beschäftigt ist etwas zu trinken und nicht damit zu lachen. Worüber mein Amüsement mich selbst jedoch nicht ganz hinwegtäuschen kann, ist, dass mein erster Gedanke halt war Was für eine Dame? und dass bei diesem Gedanken ein Hauch Eifersucht mitgeschwungen ist. Absolut unbegründet! Absolut unangebracht! Ich stelle mein Glas wieder ab. Du bist so ein besitzergreifendes Biest. Schande über dich. Wir haben schon sehr viel aus unserer Vergangenheit und Gegenwart miteinander geteilt. Haben Gedanken und Gefühle ausgetauscht. Das ist jedoch etwas, dass ich besitzergreifend und eifersüchtig sein kann, was ich nicht mit ihm teilen möchte. Das sind keine guten Eigenschaften und dessen bin ich mir bewusst. Das einzige was mir das in diesem Moment klar macht, ist, dass ich etwas für ihn empfinde. Mehr und mehr häufen sich diese Augenblicke, solche Situationen in welchen ich mir bewusst werde, wie viel ich eigentlich schon für diesen Mann mir gegenüber empfinde. Es wird immer mehr. Selbst wenn ich es leugnen wollen würde, was ich gar nicht will, könnte ich es nicht. Meine Lippen formen sich zu einem Schmunzeln. "Ist das so, hm?" Ich darf jetzt nicht daran denken, was wir auf seinem Klavier miteinander angestellt haben, sonst wird mir heiß. Sonst will das auf der Stelle noch einmal. Ich trinke lieber noch einen Schluck und so kommt es dazu, dass wir uns beide über die Ränder unserer Gläser hinweg ansehen, während wir etwas trinken. Er grinst immer noch als er das Glas wieder sinken lässt und ich schmunzle immer noch als ich mein Glas abstelle. "Wirst du nachher noch auf diesem Klavier üben oder?" Ich lasse meine Zungenspitze über meine Lippen gleiten, um sicher zu gehen, dass nirgends noch ein Wassertropfen perlt.
Ich hätte es amüsant gefunden, wenn sie ihre Gedanken mit mir geteilt hätte. Ganz davon abgesehen, dass sie es schon erlebt hat wie ich eifersüchtig war. Es war so schlimm, dass ich gegangen bin, weil ich nicht mit Sicherheit sagen konnte was ich getan hätte. Ich will sie nicht teilen. Auch wenn wir darüber noch gar nicht wirklich gesprochen haben, haben wir schon erwähnt, dass wir niemand anderes treffen. Schon die Vorstellung, dass sie sich mit jemanden anderen treffen würde, dass sie jemand berührt, küsst... Ich darf daran gar nicht denken. Mir ist gestern, als ich bei ihr war, nachdem wir miteinander geschlafen hatten und sie meine Hand auf ihr Herz gelegt hatte, klar geworden, dass ich mich in sie verliebt habe. Ich bin nicht mehr nur dabei, es ist passiert. Und ich habe so ein Gefühl, dass es ihr ähnlich geht. Sie will Zeit mit mir verbringen, bringt mich sogar davon ab zu üben. Das sind doch eigentlich gute Indizien. Bei ihrer Frage muss ich etwas grinsen. "Einerseits denke ich, dass es zu spät sein wird zu üben... ich will Arthur nicht vom Schlafen abhalten. Andererseits hoffe ich, dass ich heute gar nicht mehr zum Üben komme." Ich zwinkere ihr zu, damit sie auch sicher weiß was ich damit meine. Ich würde mich sehr freuen, wenn sie nach dem Essen noch mit zu mir kommt oder mich mit zu sich nimmt. Ich würde ihr gern vorlesen, sie im Arm halten und neben ihr schlafen. Tatsächlich sind das die ersten Gedanken, die ich habe und sie beinhalten keinen Sex. Wieder ein Beweis, dass es mehr ist als Sex. So gut der Sex auch ist. "Willst du nachher noch auf meinem Klavier spielen?" Ein schmutziges Grinsen umspielt meine Lippen und ich beiße mir auf meine Unterlippe, weil Bilder vor meinem Auge auftauchen, wie sie nackt auf meinem Klavier sitzt.
Andererseits hoffe ich, dass ich heute gar nicht mehr zum Üben komme. Ich wiederum habe gehofft, dass er vielleicht etwas in diese Richtung sagen würde. Denn natürlich habe ich nicht einfach so gefragt. Selbstverständlich habe ich gehofft, dass er mir mitteilen würde das er Zeit hat und diese vielleicht mit mir verbringen will. Er könnte mit zu mir kommen oder ich mit zu ihm. Vielleicht hat er Lust dazu mir heute Abend schon vorzulesen und vielleicht verbringen wir sogar die Nacht wieder eng aneinander geschmiegt zusammen. Nun gut - ich verbringe die Nacht eng an ihn geschmiegt und er hat keine Wahl. Das sind zwei, drei vielleichts, aber seine nächste Frage lässt mich noch mehr hoffen, dass wir dasselbe im Sinn haben. Das Schmunzeln, welches nun meine Lippen ziert, drückt auf jeden Falll mein Gefallen aus. "Ist das ein schmutziges Grinsen auf ihren Lippen, Mister Dupont?" Meine Finger beginnen mit meinem Glas zu spielen. Die Fingerkuppe meines Zeigefingers zieht gleichmäßig langsame Kreise auf dem Rand. Mein Blick ist kurz dorthin gewandert, findet aber nun wieder den seinen. Ich schmunzle immer noch. Ich würde auch mit zu ihm kommen, wenn wir nicht miteinander schlafen würden. Ich möchte einfach Zeit mit ihm verbringen. Sehr viel Zeit - soweit unsrer beider Leben das zu lassen. Doch da das Gespräch gerade in eine gewisse Richtung geht, steige ich natürlich darauf ein. "Oh, würde das Arthur nicht auch wecken? Unser Spiel. Auf dem Klavier. Wenn ich deinen Namen..." Einmal die Nummer 461. Ach du scheiße! Wo kommt sie denn her? Ich zucke kaum merklich zusammen, derart erschrecke ich mich. Wohlgemerkt nicht, weil ich befürchte sie könnte uns gehört haben - hat sie nicht. Sondern weil die Kellnerin wie aus dem Nichts neben uns stand. Oder habe ich sie einfach nur nicht bemerkt, weil ich einmal mehr total in seiner Gesellschaft versunken bin? Und die 452. Unserer beider Essen werden galant vor uns abgestellt und ich habe mich wieder soweit zusammen gerissen, dass ich lächelnd ein "Vielen lieben Dank. Das sieht köstlich aus." herausbringe.
Ich muss mir fest auf meine Unterlippe beißen, um nicht loszulachen. Ich hatte die Kellnerin gesehen, die mit unserem Essen zum Tisch kam - Mia nicht. Ihre Reaktion war gold wert. "Vielen Dank." Man hört mir an, dass ich mich gerade köstlich amüsiere und mein Blick geht wieder zu Mia. Ich räuspere mich kurz und grinse immer noch. "Lass es dir schmecken." Mein Blick geht kurz zu meinem Essen und es sieht wirklich sehr gut aus. Ich habe auch Hunger. Oft spüre ich das Hungergefühl gar nicht - bis ich dann Essen vor mir habe. Und dabei hatte ich heute etwas gegessen, auch wenn es nur ein Sandwich aus der Cafetaria war. Ich nehme meine Gabel und sehe Mia wieder an. "Wo waren wir? Ach ja... wir wecken Arthur, wenn du meinen Namen...?" Ich hebe fragend meine Augenbrauen und esse dann einen Happen. Ich will hören, was sie sagen wollte. Das Haus ist nicht hellhörig - zum Glück. Allerdings weiß ich, dass Arthur es hören kann, wenn ich Klavier spiele. Es ist eben kein leises Instrument. Doch zum Glück gefällt es ihm und daher muss ich kein schlechtes Gewissen haben oder die Wohnung zusätzlich dimmen. Doch würde er Mia auch hören? Es ist eine schöne Vorstellung, dass ich sie dazu bringe meinen Namen zu stöhnen oder gar zu schreien. Ich mag es sehr, wenn sie meinen Namen stöhnt. Ich sollte wirklich an etwas anderes denken und mein Essen essen. Es ist wirklich köstlich und es soll auf keinen Fall kalt werden. Daher widme ich mich diesem erst einmal wieder.
Da ich leider vor lauter Schreck vergessen habe was ich sagen wollte, kann ich ihm diese Frage nicht beantworten. Zweifelsohne hatte es etwas mit seinem Namen, Empfindungen, Sex zu tun, aber ich komme nicht mehr drauf was der genaue Wortlaut dessen war, was ich anstößiges von mir geben wollte. Deshalb trinke ich nun erst einmal einen Schluck meines Wassers auf den Schreck und widme mich dann meinem Essen. Es ist noch sehr heiß, dampft sogar noch ein bisschen, sodass ich mir nur einen kleinen Bissen auf die Gabel häufe und sachte dagegen puste. Als ich meinen Blick von der Gabel hebe und über den Tisch hinweg zu ihm schaue, guckt er mich an. Hat er mich nun dabei beobachtet, wie ich auf mein Essen puste? "Alles gut?" Ich schmunzle ein wenig. Er nickt und ich probiere mein Essen. Ich hätte noch ein, zwei Mal pusten sollen, aber es ist in Ordnung und der Geschmack ist wie immer köstlich. "Wo wir gerade beim Thema waren, Tristan." Ist das ein Thema für ein Essen? Ich befülle meine Gabel von Neuem, aber führe sie nicht zu meinem Mund. "Es gibt da etwas, was ich mich schon eine Weile beschäftigt." Ich klinge ernst. Nicht zu ernst. Nicht so als würde nun etwas dramatisches folgen, aber doch als wäre mir das folgende sehr wichtig. "Findest du, dass wir zu viel und zu oft miteinander schlafen?" Es gab da ein, zwei Gespräche ganz zu Beginn. In der Zeit in der noch nicht klar war in welche Richtung das mit uns gehen würde. Er hat Sachen gesagt, die mich seitdem immer mal wieder beschäftigen, die mich einfach nicht loslassen. Deshalb frage ich nun gerade heraus.
Ich verschlucke mich fast an meinem Essen bei ihrer Frage. "Was?" Ich huste kurz und trinke dann einen Schluck von meinem Wasser. Mit der Frage hat sie mich wirklich eiskalt erwischt. Während ich noch ein paar Sekunden gegen den Husten ankämpfe sehe ich sie an. Wie kommt sie darauf? Ist es ihr zu viel Sex? Aber sie wollte doch immer, oder? Nein, sie würde nicht einfach nur mit ihm schlafen, um ihn zufrieden zu stellen. Sie wollte es auch. "Wieso fragst du mich das?" Ich sehe sie einen Moment wirklich irritiert an. Doch dann werde ich mir bewusst, dass ich ihr eine Antwort auf die Frage schuldig bin. "Nein, das finde ich nicht. Ich... ich dachte, dass wir miteinander schlafen, wenn wir es wollen." Der zweite Satz kommt etwas leiser von meinen Lippen. Ich will nicht verunsichert wirken, doch ich kann auch nicht leugnen, dass mich diese Frage verunsichert. Es ist ihr zu viel, oder? "Ist es dir zu viel?" Ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht, ob wie zu viel oder zu wenig miteinander schlafen. Ich war mir nicht mal bewusst, dass es das gibt. Aber sie empfindet es so. Sonst hätte sie ihn doch nicht danach gefragt. "Wir müssen nicht so oft miteinander schlafen. Ich..." Ich schlucke leicht. "Ich dachte du würdest es mir sagen, wenn du es nicht willst." Ich versuche mich daran zu erinnern, ob es irgendwelche Anzeichen gab, dass sie es irgendwann nicht wollte. Eigentlich nicht, oder? Ich habe irgendwas übersehen.
"Oh mein Gott! Ich würde es dir sagen, wenn ich nicht will.", flüstere ich ihm über den Tisch hinweg zu - ein bisschen erschrocken klingend. Wie kann er nur denken, ich hätte nur ihm zu liebe mit ihm geschlafen? "Es ist mir nicht zu oft oder zu viel.", versichere ich ihm. Vergessen ist der Bissen auf meiner Gabel. Ich habe nur Augen für ihn. Seine Reaktion verunsichert mich. Ich dachte, dass wenn ich ihn das frage, er sofort wüsste warum ich ihn das frage, dass er sich an unser Gespräch erinnern würde. Falsch gedacht! Nun versichere ich ihm zur Sicherheit erstmal ein weiteres Mal: "Jedes Mal, wenn wir miteinander geschlafen haben, wollte ich auch mit dir schlafen. Ich will noch viel öfter mit dir schlafen. Es ist mir absolut nicht zu viel. Das würde ich dir sagen! Es ist vielmehr... also ich frage weil..." Nun bin ich tatsächlich ein bisschen unsicher. Meine Frage hat ihn aus dem Konzept gebracht - das sehe ich und das höre ich heraus. Damit habe ich nicht gerechnet. Absolut nicht. "Du... Also du wolltest erst nicht mit mir schlafen. Du warst noch nicht bereit dazu. Du meintest, dass es in deinen früheren Beziehungen oft um Sex ging und das dieser zu viel Raum eingenommen hat. Dann haben wir darüber geredet." Ich schaue ihn an - ein bisschen hoffnungsvoll. "Du erinnerst dich doch oder?" Aufgrund seiner Situation zweifel ich gerade ein wenig an mir und meinen Erinnerungen. "Und dann haben wir doch miteinander geschlafen. Ich... Ich wollte mich nur rückversichern, dass du nicht auch so über uns denkst nach den letzten Woche." Die ganze Zeit habe ich geflüstert und tue es auch weiter. Meine Gabel habe ich inzwischen abgelegt und das Essen dampft unbeachtet vor sich hin. "Mir kam es gerade einfach in den Sinn, weil wir Andeutungen gemacht haben. Mich beschäftigt das schon eine Weile und als es mir dann jetzt in den Sinn kam, habe ich einfach gefragt." Ich blicke hinab auf meinen Teller und rolle meine Lippen übereinander. Vor lauter Schreck und Unsicherheit sind sie ganz trocken. "Wir reden eigentlich immer über alle oder? Deshalb dachte ich... vergiss meine Frage einfach." Ich schaue immer noch mein Essen an und nehme meine Gabel wieder in meine Hand, um etwas zu essen. Nein, ich entscheide mich um, lege die Gabel wieder ab und trinke stattdessen einen Schluck.
Fuck. Ich habe das vollkommen falsch verstanden. Aber so richtig falsch! Sie hat mich gefragt, weil ich ihr das erzählt hatte. Ich hatte zu ihr gesagt, dass es in meinen letzten Beziehungen zu sehr um Sex ging und sie wollte sich nur rückversichern, dass das bei uns nicht so ist. "Mia." Ich strecke meine Hand nach ihr aus und lege sie kurz auf ihre, es ist nur eine Sekunde, vielleicht zwei, dann nehme ich meine Hand wieder zurück. "Entschuldige, meine Reaktion war..." Ich hebe leicht meine Schultern. "Ich... ich fange nochmal an." Zuerst trinke ich aber nochmal einen Schluck. "Ich habe deine Frage völlig falsch verstanden. Vielleicht weil es bei uns nicht so ist. Der Sex nimmt nicht zu viel Raum ein. Überhaupt nicht. Wir machen so viel, wir reden so viel. Und du sollst alles ansprechen können, was du willst. Ich bin dir dankbar, dass du das gemacht hast. Das bedeutet mir nämlich sehr viel und ich will mit dir über solche Dinge reden. Dinge, die dich beschäftigen. Dinge, die mich beschäftigen. Also bitte höre nicht damit auf." Leicht neige ich meinen Kopf. "Und hier wird keine Frage vergessen. Mein Kopf ist nur... durchgedreht." Ich muss etwas lachen. "Das tut er bei dir öfters. Aber aus gutem Grund. Ich will das hier nicht versauen. Es ist so schon schwierig genug, denn unsere Rahmenbedingungen sind weiß Gott nicht die allerbesten, aber ich will das hier. Ich will dich. Und da dreht es sich halt in meinem Kopf und macht sich manchmal selbstständig. Es tut mir leid. Ich hoffe selbst, dass das besser wird. Ich arbeite daran." Ich greife nach meinem Wasserglas und trinke es auch. Wahrscheinlich habe ich mich schon wieder um Kopf und Kragen geredet und jetzt schenke ich uns beiden erst einmal Wasser nach.
Ich will das hier nicht versauen. "Ich will das hier auch nicht versauen.", flüstere ich immer noch, auch wenn uns niemand auch nur ansatzweise nah genug ist, um unseren Worten zu lauschen. Ich mache es nicht bewusst. Meine Zungenspitze streift meine Lippen, die immer noch zu trocken sind, obwohl ich gerade den letzten Schluck Wasser aus meinem Glas getrunken habe. Eigentlich sind es nicht nur die Lippen. Es ist meine Zunge. Es ist mein ganzer Mund. Vielleicht flüstere ich auch deshalb. "Mir geht es ganz genau so." Ich will das hier. Ich will dich. Ich lächle zaghaft. "Ich will dich. Ich will Zeit mit dir verbringen. Ich will alles über dich wissen. Ich will dich berühren. Ich will... ja, einfach alles." Nun muss ich leise lachen, weil das fast ein bisschen verrückt klingt. Ich merke aber auch, dass es mich erleichtert seine Worte zu hören und selbst zu reden und sogar zu lachen. "Du bist also nicht allein damit, Tristan. Ich verhalte mich deshalb auch manchmal.... verrückt? Keine Ahnung, ob es das richtige Wort ist. Ich kann dann nicht klar denken und mache mir auch viel zu viele Gedanken. Aber weil du der Grund dafür bist, ist es in Ordnung für mich. Oder zumindest besser als wäre es irgendein unwichtiger Grund." Mein Blick wandert zwischen seinen Augen hin und her. "Du bist mir wichtig. Deshalb auch meine Frage, weißt du?" Eine Bewegung lenkt mich ab und ich sehe hin - er schüttet uns nach. Nun lächle ich richtig. "Danke dir." Kaum hat er uns eingeschüttet, nehme ich noch einen Schluck und noch während ich mein Glas abstelle, merke ich das es gegen meinen trockenen Mund geholfen hat. "Wow... das ist anders verlaufen als ich dachte." Sage ich nun wieder in normaler Lautstärke und lache dann leise. Mein Blick findet wieder den seinen und für zwei, drei, vier Sekunden sagen wir nichts bis ich die kurze Stille störe. "Passiert, wenn einem der andere wichtig ist, hm?" Wieder zucken meine Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln in die Höhe.
Ihre Worte lassen mein Herz wieder einmal schneller schlagen und ein Lächeln kommt auf meine Lippen. Ihr geht es also wie mir. Das ist doch etwas Gutes. Sogar etwas sehr Gutes, denn unsere Gefühle sind nicht einseitig. Ganz leicht nicke ich. "Für mich ist es auch in Ordnung. Meistens. Außer ich gerate in Panik." Ich muss etwas lachen und schüttle leicht meinen Kopf. Vielleicht sollte ich mir sagen, dass ich das hier gar nicht durch irgendwelche dummen Kleinigkeiten versauen kann. Ich bin sonst nicht so gewesen. Ich habe mir nicht so viele Gedanken gemacht. Die Gedanken haben im meinem Kopf überhaupt keinen Raum gehabt. Jetzt muss ich erst einmal lernen damit umzugehen und ich will das lernen und ich weiß, dass sie mir dabei helfen wird. Das hat sie schon mehr als einmal gesagt. Wieder muss ich leise lachen. "Ja, sieht wohl so aus." Ich greife wieder nach meiner Gabel und schaue kurz mein Essen an, dann aber direkt wieder sie. "Viele Gefühle in den letzten Tagen." Ich lächle immer noch, denn sie soll nicht denken, dass ich das nicht gut finde. Dann esse ich erst einmal weiter. Zum Glück war es so heiß, dass es jetzt immer noch warm ist. "Schmeckt es dir?" Mein Blick geht von ihrem Essen zu ihren Augen und zu ihren Lippen. Nach diesem Gespräch habe ich wirklich das Bedürfnis sie zu küssen. Ich sollte meinen Mund wirklich lieber mit Essen beschäftigen. Und das mache ich jetzt auch erst einmal. Auch wenn mein Blick immer wieder zu ihr geht.