„Hilfst du mir vielleicht kurz mit den Getränken bevor du dich den Fragen stellst?“, frage ich Tristan lächelnd. Er ist unruhig – das spüre ich ganz genau. Kann man es ihm verdenken? Auf keinen Fall. Mein erster Impuls war es ihm zu sagen, dass alles gut ist und er nicht unruhig sein muss, aber das wäre falsch gewesen. Warum sollte er sich zwingen ruhig zu bleiben? Das ist eine Ausnahmesituation und sein Körper und er haben alles Recht dazu unruhig zu sein. Es wäre falsch das zu unterdrücken. Das würde ihm nicht guttun. Also hoffe ich, dass ihm vielleicht ein bisschen Bewegung gut tun wird. Tatsächlich sagt auch Brenda sofort, dass das eine gute Idee ist, weil sie gar kein Wasser mehr hat. Ich stehe auf und Tristan hilft mir sofort. Er sammelt die leeren Gläser ein und während wir zu meiner Küchenzeile gehen, ermahne ich mich daran zu denken ihn nicht die vollen Gläser tragen zu lassen, weil seine Hände zittern und er das niemandem offenbaren muss, indem das Wasser vielleicht überschwappt. „Danke dir.“, sage ich lächelnd als er neben mir die Gläser auf der Anrichte abstellt, während ich schon mal die Karaffe aus dem Kühlschrank hole. Bevor ich uns jedoch einschenke, stelle ich sie neben die Gläser ab und drehe mich dann in seine Richtung. Ich stehe direkt vor ihm und nehme sein Gesicht behutsam in meine Hände. Er neigt seinen Kopf ein bisschen herunter zu mir und ich hauche ihm lächelnd einen kleinen Kuss auf seine Nasenspitze. „Du machst das super!“, flüstere ich ihm liebevoll zu. Meine Daumen streicheln einmal sanft über seine Wangen und dann lasse ich ihn wieder los. Bin ich mir darüber im Klaren, dass zumindest dieser kleine Kuss nicht unbemerkt von meinen Freunden geblieben ist, weil es in meiner Wohnung abgesehen von dem Badezimmer keine Privatsphäre gibt? Ja. Aber das ist in Ordnung in diesem Fall. Ich wende mich den Gläsern zu, schütte uns ein und stelle die Karaffe dann wieder zurück. „Oh, ich mach das schon.“, sage ich leise und lächelnd als Tristan die Gläser von Billy und Brenda nehmen möchte. Als er mir signalisiert das alles gut ist, nicke ich dann aber nur. Er bringt unseren Freunden die Gläser und ich nehme unsere. „Magst du ein bisschen rumlaufen, während wir reden?“ Oh, das hilft mir auch immer beim Denken. erklärt Brenda liebenswürdiger Weise. Sie wird nicht gemerkt haben, dass Tristan so unruhig ist, dass er angefangen hat unter dem Tisch mit seinem Bein zu wackeln, aber sie kann sich bestimmt vorstellen, dass er gerade angespannt ist. Ich werfe ihr einen dankbaren Blick zu und sie lächelt mich kurz an.
Ich weiß genau wieso Mia das tut und ich bin sehr dankbar. Die Bewegung tut gut, ihre Berührung, ihre Worte und der kleine Kuss tun gut. Vor allem die Berührung, die Worte und der kleine Kuss tun gut. Mia schenkt nach und ich bewege mich etwas durch die Küche. Sie hatte die Eis-Schalen mitgenommen und diese werfe ich nun weg. In der Zwischenzeit hat Mia die Gläser wieder befüllt. Ob Brenda und Billy uns beobachten? Es fühlt sich zumindest so an, doch ich schaue nicht hin. Das ist eine ganz seltsame Situation. Als ich es Mia damals erzählt hatte, gab es zwei Möglichkeiten: entweder sie bleibt oder sie geht. Sie ist geblieben. Brenda und Billy werden nicht gehen. Das war mir vorher schon bewusst. Es wird nicht das letzte Mal sein, dass ich mich so einer Situation stellen muss. Ich bin in eine neue Stadt gezogen. In eine Stadt, aus der ich nicht mehr wegziehen werde. Ich werde neue Menschen treffen, kennenlernen und mich vielleicht soweit mit ihnen anfreunden, dass sie das wissen müssen. So wie eben bei Brenda und Billy. Das ist etwas gutes. Nicht nur für mich, auch für Mia. Sie hätte jemanden mit dem sie darüber sprechen kann. Sie hat jemanden, den sie anrufen kann, wenn du es nicht schaffst. Dieser Gedanke gefällt mir nicht, doch ich weiß, dass das möglich ist. Es ist sogar wahrscheinlich. Es ist nicht nur der tägliche Kampf, sondern Momente wie diese. Gerade fühle ich es, dass ich mich heute Nacht aus ihrem Bett schleiche, um mich zuzudröhnen. Genau danach fühle ich mich gerade. Es ist nicht das erste Mal. Ich kämpfe dagegen an und das werde ich auch heute wieder tun. Dennoch kann es immer sein, dass ich es nicht schaffe und dann hätte sie jetzt jemanden, wenn ich auf einmal weg bin. Diese Gedanken machen mich wahnsinnig und gehören jetzt nicht hier her. Doch mein Kopf macht was er will. Mein Blick geht zu Brenda, die gerade wirklich sehr nett reagiert. “Ich denke ich bleibe stehen.” Ich weiß noch nicht, ob ich umherlaufen werde. Aber ich will auch nicht sitzen. Ich umfasse mit meinen Händen die obere Lehne des Stuhls und sehe die beiden an. “Was wollt ihr wissen?” Mia sitzt anders da als zuvor und ihre Hand berührt meine Wade, was mich direkt wieder beruhigt. Ich bin ihr so dankbar dafür.
Brenda schaut erst zu Billy, dann zu mir und dann zu Tristan. Mir entgeht das nicht, weil ich mich auf die Situation konzentriere. Mein Fokus liegt wie so oft auf Tristan - darauf, wie es ihm gerade geht, wie ihm zumute ist, dass ich ihn berühre und ihm das Gefühl vermittle das alles gut ist -, aber ich achte auch auf die Gesichter und Worte, die Reaktionen meiner Freunde im Allgemeinen. Bin ich aufgeregt? Natürlich! Aber nach außen hin wirke ich ruhig, weil mir das wichtig ist. Ich möchte eine Stütz für Tristan sein. Du hast gesagt, dass du mehrere Jahre Drogen konsumiert hast. Du sagtest auch warum. Wieso hast du aufgehört? Du studierst doch immer noch. Der Leistungsdruck ist immer noch da. Was hat sich geändert? Wieder schaut meine Freundin zu mir. Versichert sie sich, dass die Frage nicht zu persönlich ist? Anders als sonst ist sie nicht offensiv, auch wenn sie nun Fragen stellt. Sie ist vorsichtig und klingt sehr nett, was ich mit einem dankbaren Lächeln quittiere. Wenn du eine Frage nicht beantworten willst, musst du das nicht, ja? Wenn sie zu persönlich sind oder du dich unwohl fühlst. Du hast uns die Wahrheit gesagt und wir könnten da auch einen Punkt machen, wenn du willst.
Wieder muss ich lächeln und nicke leicht bei Brendas Worten. "Danke. Das weiß ich zu schätzen. Aber ich konnte mir schon denken, dass ihr Fragen habt. Also alles gut. Ich melde mich, wenn es zu viel wird." Ich möchte ehrlich zu ihnen sein. Die drei Menschen in diesem Raum kennen den Tristan nicht, dem das alles passiert ist. Ich erinnere mich aber sehr gut an ihn. Sehr sehr gut. Er ist immer noch in mir. Ich beuge mich etwas vor und trinke einen Schluck. "Es ganz zwei Dinge, die passiert sind. Ende letztes Jahres war ein wichtiges Konzert an der Uni. Es waren einen Haufen Menschen mit Rang und Namen dort. Ich habe wochenlang geübt." Ich stocke ganz leicht. "Ich weiß nicht mehr wie lange ich nicht geschlafen und nicht gegessen habe. Es müssen mehrere Tage gewesen. Vielleicht eine Woche? Ich habe nur noch mehr genommen, damit ich nicht müde werde, damit ich konzentriert bleibe. An dem Abend des Konzerts hat mein Körper aufgegeben. Ich erinnere mich nur noch, dass ich ins Bad bei meinen Eltern gegangen bin. Ich bin ein paar Tage später im Krankenhaus aufgewacht. Hätten meine Eltern mich nicht so schnell gefunden, wäre es das gewesen." Ich muss etwas lachen, auch wenn es eher ein bitteres Lachen ist. "Allerdings habe ich erst einmal meinen Abschluss gemacht. Dann bin ich in den Entzug gegangen. Nicht für mich. Meinen Dad, meine Schwester, meine beste Freundin. Nicht für mich." Ich trinke noch einen Schluck. "Nach einem Monat durfte ich ein Wochenende nach Hause." Ich sehe von Brenda zu Billy und wieder zurück zu Brenda. Ich spüre wie Mia beginnt mich ganz leicht zu streicheln. "Ich hatte einen Rückfall. Ich war fünf Tage verschwunden und ich kann mich nur noch an Bruchstücke erinnern. Und diese gefallen mir ganz und gar nicht." Meine rechte Hand löst sich von der Lehne und ich streiche mein Haar zurück. "Meine kleine Schwester, sie ist 5, hat mich vor der Wohnungstür meiner Eltern gefunden. Nicht nur, dass sie in den letzten Jahren genug von meiner Sucht mitbekommen hat. Sie hat mich gefunden. Das kann ich nie wieder gut machen." Ich beiße mir auf meine Unterlippe und spüre den Schmerz sehr deutlich. "Ich bin zurück in den Entzug. Ich habe es durchgezogen. Nachdem sie mich entlassen haben, habe ich meine Sachen gepackt und New York verlassen. Ich bin hier her." Dann hebe ich meine Schultern. "Ich weiß nicht wie das Semester wird. Es macht mir eine Scheißangst. Alles. Dass ich nicht mehr nur super Noten haben werde, dass das Studium sich vielleicht verlängert, weil ich etwas nicht direkt schaffe. Aber ich möchte das hinbekommen. Ich arbeite an mir. Ich will nicht mehr dieser Mensch sein, der ich vor einem Jahr noch war. Vielleicht wird es auch gut laufen. Ich weiß es nicht." Mein Blick geht zu Mia und sie lächelt mich an. Ich muss etwas lachen. "Ich könnte Mia das niemals antun. Sie weiß das alles. Wir sprechen darüber. Ich sage ihr, wenn es mir schlecht geht. Ich habe die Gruppe. Ich will das schaffen." Nun muss ich mich doch etwas bewegen und gehe etwas durch das Zimmer.
Meine Finger gleiten von seiner Haut als er sich in Bewegung setzt und sofort folgt ihm mein Blick. Nun bewegt er sich doch. Das Gespräch fällt ihm nicht einfach und das ist vollkommen verständlich. Er offenbart hier sehr persönliches über sich und dabei handelt es sich nicht um seine so vielen positiven Facetten. Obwohl ich es sehr positiv finde wie ehrlich er ist und wie offen er zu sich steht. Er kann sehr stolz auf sich sein. Wie Brenda schon gesagt hat, müsste er ihnen das nicht erzählen, aber er tut es trotzdem und das obwohl es ihn aufwühlt und ganz gewiss das Bedürfnis in ihm schürt sich mit Alkohol und Drogen zu betäuben. Ich rolle meine Lippen einmal übereinander. Danke für deine Offenheit. Billy und Brenda halten sich inzwischen bei den Händen. Irgendwann hat Billy die von seiner Frau genommen als man ihr deutlich angemerkt hat, dass sie bestürzt ist. Als er von dem Abend des Konzerts erzählt hat, hat man ihr die Sorge um ihn schon angesehen und als er dann von seiner Schwester berichtet hat - da hat Billy ihre Hand genommen. Wie geht es dir jetzt, Tristan? Seitdem du hier bist. Geht es dir gut?
Mein Blick geht zu dem Tisch und ich sehe die drei an. Mia lässt mich nicht aus den Augen, doch sie kennt das alles schon. Brenda sieht sehr bestürzt aus. So habe ich sie noch nie gesehen. Als das mit Steven war, war sie besorgt. Doch das war etwas, das sie schon kannte. Mir gefällt es besser, wenn sie ihre Scherze macht. Doch wie würde ich reagieren, wenn mir jemand so etwas erzählen würde? Ich weiß es nicht. Ich kann es überhaupt nicht einschätzen. Billys Mimik kann ich nicht deutet. Er hat mir eben für meine Offenheit gedankt. Das war das erste Mal, dass er wieder etwas gesagt hatte. Sie halten sich an ihren Händen. Das haben sie vorher noch nicht. Ich weiß nicht, wann das passiert ist. Ich komme wieder zurück zum Tisch, als Brenda mich fragt wie es mir geht. Langsam nicke ich. "Ja, es geht mir gut. Nicht immer. Aber es ging mir schon sehr lange nicht mehr so gut wie es mir gerade geht." Mein Blick geht zu Mia und dieses Mal bin ich es, der lächelt. "Keine Ahnung, ob es mir jemals so gut ging." Da ist Mias Hand wieder die mich berührt. Ich sehe sie noch einen Moment an und schaue wieder zu den beiden. "Keine Ahnung wie es ohne Mia wäre. Vielleicht wäre ich nicht mehr hier. Aber ich bin froh, dass ich darüber nicht nachdenken muss. Wir haben darüber gesprochen, ob es klug ist eine Beziehung an diesem Punkt meines Lebens einzugehen. Ich bin nicht stabil. Das will ich auch nicht behaupten. Aber ich wollte auch nicht auf das vielleicht beste in meinem Leben verzichten, nur weil es vielleicht vernünftiger gewesen wäre. Und sie hilft mir so sehr. Mehr als sie sich selbst bewusst ist."
Es ist nur ein kurzer Moment, aber in diesem senke ich meinen Blick, weil ich gerührt bin von seinen Worten. Es stimmt alles was er sagt, wir haben geredet, wir haben Entscheidungen getroffen und ich weiß auch, dass es ihm gut geht, weil er mir das gesagt hat, aber jetzt gerade rührt es mich von Neuem das zu hören, also das es ihm hilft und ihm gut geht. Meine Finger streicheln hauchzart über sein Bein und ich hebe meinen Blick wieder. Sind die Aggressionen weniger geworden seitdem du keine Drogen mehr nimmst? Seitdem du hier lebst? Mein Blick wandert von Brenda hin zu Tristan. Mir kommt sofort in den Sinn was hier passiert ist nachdem ich gegangen bin - sehr zu Beginn unserer Beziehung. Wir waren damals natürlich noch weit davon entfernt es so zu nennen. Dann selbstverständlich der Vorfall im Vanilla. Ich greife mit meiner anderen Hand nach meinem Glas und trinke einen Schluck. Da ich meinen Blick auf Wanderschaft schicke, registriere ich, dass alle noch etwas zu trinken haben. Ich stelle mein Glas wieder ab und lasse meine Zungenspitze einmal über meine Lippen lecken. Mia? Sofort schaue ich zu Billy als er meinen Namen fragend ausspricht. Ich habe bisher nicht viel von mir gegeben, obwohl ich das gerne würde, um Tristan zur Seite zur stehen, aber das ist seine Geschichte. Er hat die Frage von Brenda gerade beantwortet und die Frage von Billy folgt danach. Hattest du jemals Angst vor ihm? "Niemals!" Meine Antwort folgt so schnell, dass ich es zeitlich gar nicht benennen kann. "Kein einziges Mal. Zu keiner Sekunde." Meine Stimme klingt fest und entschlossen, denn es ist die Wahrheit. Ich hatte noch niemals Angst vor Tristan. Angst um ihn? Ja. Angst vor ihm? Nein.
Bei Brendas Frage muss ich ehrlich sein und schüttle meinen Kopf. "Nein, bisher nicht. Es sind manchmal Kleinigkeiten, die das auslösen, manchmal auch größere Dinge. Da ich nie gewaltätig wurde, haben wir uns erst einmal auf die Sucht konzentriert. Die Menschen um mich herum wissen wie sie dann mit umgehen müssen." Ich atme einmal durch. "Ich war eine Woche stationär in Therapie nach der Sache mit Steven. Ich habe die Kontrolle verloren und das war kein gutes Gefühl. Mein Arzt hat gesagt, dass das eine Ausnahmesituation war. Die Person, die ich...die mir am meisten bedeutet war in Gefahr. Allerdings konnte ich nicht aufhören. Das ist ein Problem. Auch daran arbeite ich. Therapie Nummer drei und Fußball." Es ist nur alle zwei Wochen - immer im Wechsel mit der Gruppensitzung. Sonst wäre es wohl zu viel. Ich hatte erst zwei Sitzungen mit der Ärztin, doch ich finde sie gut. Sie gibt mir Tipps, ich kann mit ihr reden. Als Billy das Wort ergreift, geht auch mein Blick zu ihm. Mich schockiert die Frage nicht. Überhaupt nicht. Dann sehe ich zu Mia. Meine wundervolle Mia. Ich habe sie schon angeschrien. Ich weiß noch, dass ich den Mülleimer geworfen habe - zwar nicht nach ihr, trotzdem. Mein Blick geht wieder zu Billy und trifft diesen. "Ich werde ihr niemals etwas tun. Das verspreche ich euch. Eher würde ich mir etwas tun, als ihr jemals wehzutun."
Meine Finger lösen sich von seinem Bein und greifen dann ein ganzes Stückchen höher als zuvor nach seiner Hand. So wie wir stehen und sitzen, können wir unsere Finger nicht miteinander verschränken, aber ich kann seine fest drücken. Sanft zwar, aber fest. "Ich bin mir sicher, dass du mir nichts tun würdest. Ich wäre sonst nicht mit dir zusammen." Das wissen wir beide, denn auch darüber haben wir bereits gesprochen beziehungsweise ist es mal in einem Gespräch zur Sprache gekommen. Ich hatte in meinem Leben bereits sehr viel Angst vor einem Mann und es ist kein Platz mehr für neue Ängste vor Männern. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Brenda nach der anderen Hand von Tristan greift und diese wohl auch drückt. Für die Dauer mehrerer Atemzüge schweigt jeder von uns und dann ist es Billy, der mit seinen Worten das Schweigen bricht - das ist eigentlich Brendas Ding. Muss ich jetzt auch noch die Hand von Mia nehmen? So als würden wir einen Kreis und einen Pakt schließen oder so? Dieser Kommentar war nicht scherzhaft gemeint, dass sieht man Billy an, aber er bringt mich zum Lachen und auch Brenda. Selbst Tristans Mundwinkel zucken zumindest kurz. "Musst du nicht, aber komm her." Ich strecke meinen anderen Arm aus und nehme ihn an die Hand. Dann ist also der Pakt, dass wir immer offen zueinander und für einander da sind? Ich blicke zu Brenda. Was? Sie schaut zu Tristan. Noch einmal danke. Ich muss das erstmal verdauen, aber wie gesagt weiß ich deine Ehrlichkeit zu schätzen. Sollte etwas sein, solltest du Hilfe brauchen oder reden wollen oder was auch immer, kannst du dich immer an mich wenden. Mein Herz schlägt schon wieder schneller. Ja. stimmt Billy zu. Dann wandert sein Blick zu mir. Und wenn du Hilfe brauchst oder reden musst, kommst du zu mir. Ich bin stärker als sie und kann ihn mir dann vornehmen. Oh bitte! Du bist nicht stärker als ich. Ich muss lachen. Es ist kein so losgelöstes Lachen wie so oft mit diesen Menschen, aber ein Lachen das von Herzen kommt und gerade sehr gut tut.
Mein Blick liegt auf Mia und ich nicke leicht. Wir haben darüber gesprochen - nach der Sache im Vanilla. Ich hatte Angst, dass sie Angst vor mir haben würde. Sie hat mir geglaubt, als ich ihr gesagt habe, dass ich ihr niemals etwas tun werde. Sie hat mir von Anfang an sehr viel Vertrauen entgegen gebracht, doch an diesem Tag war es so viel. Das hat mir nur noch mehr bestätigt, dass das zwischen uns richtig und echt ist. Auf einmal spüre ich Brendas Hand an meiner und mein Blick geht zu ihr. Ein kleines Lächeln liegt auf ihren Lippen und ich erwidere es. Sie hat keine Ahnung, was mir diese Geste gerade bedeutet. Ganz leicht drücke ich ihre Hand und spüre wie ein großer Teil der Anspannung von meinen Schultern fällt. Sie hätte sich von mir abwenden können. Sie wäre nicht die erste gewesen. Mia weiß, dass mich einige Freunde haben hängen lassen, nachdem ich in den Entzug gegangen bin. So etwas zeigt immer, wer wirkliche Freunde sind. Als ich Billys Worte höre, muss ich grinsen. Zu einem Lachen reicht es noch nicht. Doch dann schließen wir auf einmal diesen Pakt und ich werde mir bewusst wie glücklich ich mich schätzen kann, dass ich diese Menschen in meinem Leben habe. "Danke. Euch beiden." Ich weiß nicht so recht was ich sagen soll. Am liebsten würde ich die beiden umarmen. Doch dann spricht Billy zu Mia und ich muss etwas grinsen. Sollte ich Mia irgendwie weh tun, dann darf er sich sehr gern um mich kümmern. Dann muss ich lachen. Nicht laut, sondern stumm. Doch es ist ein Lachen. "Brenda ist vielleicht stärker, aber sie macht mir mehr Angst." Siehst du! Ich drücke noch einmal Brendas Hand und dann lösen wir unseren Kreis auf. Ich umfasse wieder die Lehne des Stühls mit meiner freien Hand und atme noch einmal durch, bevor ich dieses dann zurückziehe und mich wieder setze. Mia und ich halten uns immer noch an den Händen und ich sehe sie an. Sie lächelt mich an und dann gebe ich tatsächlich meinem Bedürfnis nach und lehne meine Stirn an ihre Schulter. Ich schließe meine Augen und atme einmal durch. Ich rieche die Seife auf ihrer Haut und muss direkt etwas lächeln. Es beruhigt mich und hilft mir gerade wirklich nicht durchzudrehen. Es sind nur ein paar Sekunden, vielleicht eine halbe Minute und ich setze mich wieder auf. Mein Blick geht zu Brenda und Billy. "Also kommt ihr zur Verhandlung? Ich... ich hätte euch wirklich gern dabei."
Ich drücke ihm einen kurzen, sanften Kuss auf sein Haar und lächle ihn dann aufmunternd an als er seinen Kopf wieder hebt und mich kurz ansieht. Das hast du großartig gemacht! Sein Blick wendet sich von mir ab und wandert hin zu Brenda und Billy. Natürlich kommen wir. Billy nickt. Nur kurz für mich: Wäre es unangebracht zur Verhandlung unsere großen Handschuhe mitzubringen und unsere Trikots zu tragen? Also um deutlich zu machen in welchem Team wir sind und das wir dich voll und ganz unterstützen. Diese Frau ist unmöglich und ich muss deshalb so lachen, dass ich mir meine freie Hand vor den Mund halte. Billy legt seine Hand auf seine Stirn und streicht darüber, während er mit gesenktem Blick seufzt: Brenda. Was denn? Sie verschränkt ihre Arme vor ihrer Brust. Ich finde, dass ist eine total berechtigte Frage. Der Richter oder die Richterin müssen doch sehen, dass sein sozialer Halt total stark ist und so. "Ich kann nicht mehr." Nach diesem zuvor so ernsten Gespräch bringen ihre Worte eine wirklich guttuende Erleichterung mit sich - was ganz gewiss auch ihre Absicht ist. Ich schüttle amüsiert meinen Kopf und schaue dann zu Tristan. Ob er sich das Gespräch so vorgestellt hat? Ob er sich nun leichter fühlt? Ich hoffe es.
Es tut so gut zu lachen - dieses Mal wirklich. Ich sehe es bildlich vor mir wie Brenda da sitzt, mit der Schaumstoffhand und immer applaudiert, wenn meine Anwältin etwas sagt. Mein Blick geht zu Mia und ich sehe die Erleichterung in ihren Augen. Ich bin gerade ziemlich erschöpft, doch auch sehr erleichtert. Und ich bin Brenda unendlich dankbar, denn ich hätte nicht gewusst wie ich wieder ein normales Gespräch aufnehmen soll. "Bitte tu das nicht, Brenda. Wirklich." Ich muss das sagen. Wir wissen alle, dass sie es wirklich fertig bringt so bei Gericht aufzutauchen. Ich bin sehr froh, dass sie kommen. Auch wegen Mia. Denn sie kann zwar hinter mir sitzen, aber nicht bei mir. So hat sie jemanden. "Lassen wir das alles mal meine Anwältin machen, okay? Meinetwegen darfst du applaudieren, sollte ich freigesprochen werden." Wenn du freigesprochen wirst. Mein Blick geht zu Mia. "Sie ist da etwas optimistischer als ich." Bin da ganz bei Mia. Ich auch. Ich muss etwas lachen. "Dann kann ja nichts mehr schiefgehen, was?" Zum Glück ist der Termin bald. Und dann geht es nach Frankreich. Wir müssen das Urteil abwarten, doch dann können wir planen.
"Oh, das wird es nicht." Genau! Zur Sicherheit sollten wir durchblicken lassen, dass wir wissen wo der Schiedsrichter, ich mein der Richter wohnt. Wir wissen doch gar nicht wo der oder die wohnt. Aber das weiß doch keiner. Ich beiße mir schmunzelnd auf die Unterlippe, um nicht schon wieder zu lachen. Die beiden sind wundervoll. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass die beiden dieses Gespräch sehr ernst genommen haben und es sie nicht kalt gelassen hat. Sie werden darüber ganz gewiss noch miteinander sprechen. Aber in diesem Moment sorgen sie dafür, dass sich alles normal zwischen uns vieren anfühlt. Als hätte das Gespräch nichts zwischen uns geändert. Aber das hat es. Doch nicht so negativ, wie Tristan es gewiss befürchtet hat - ich kenne seinen Kopf inzwischen ein bisschen -, sondern wie ich glaube zum positiven, weil er ehrlich und offen war. Wir schätzen allesamt diese beiden Sachen sehr. Außerdem hat er sie miteinbezogen, weil sie ihm wichtig sind - auch das ist für eine Freundschaft sehr wichtig. Ich drücke sanft seine Hand und höre dann gerade, wie Brenda ihre Gedankengänge weiter ausführt. "Brenda! Wir werden niemanden entführen, um zur Sicherheit den Richter erpressen zu können. Was stimmt denn mit dir nicht?" Ich muss lachen, auch wenn ich versuche dabei noch irgendwie streng zu klingen. Ich wollte uns doch nur... Ich... Ach, man! Wir brauchen uns darüber gar keine Gedanken zu machen, denn die Verhandlung wird ohnehin gut für Tristan laufen. Auch wenn dieser Satz aus einem Spaß heraus entstanden ist, meint Billy diesen ernst - er glaubt daran. Das sieht man ihm an. "Ganz genau!" Also auch keine Scherze über die nicht existierenden Backkünste von Mia und das es deshalb schwer wird eine Feile ins Gefängnis zu schmunggeln? "Nein!" sagen Billy und ich wie aus einem Mund und lachen dann.
"Oh... sprecht bitte mit Joyce. Ich würde mich sehr über Apfelkuchen im Gefängnis freuen!" Mia und Billy schauen mich an und ich hebe meine Schultern. "Was denn?" Mit dem Mann kann man arbeiten. Ich rede selbst mit Joyce. Sie ist sicherlich dabei. Ich muss so lachen. Selbst wenn ich nicht freigesprochen werden sollte, ich werde nicht ins Gefängnis müssen. Und ich habe eine der besten Anwältinnen der Stadt. Mein Vater hat sich darum gekümmert, dass Mia und ich gut vertreten werden. Für die Anklage gegen Steven haben wir einen anderen Anwalt bekommen - zusätzlich zu meiner Anwältin. Ich bin sehr positiv gestimmt, dass das alles gut gehen wird. Dennoch ist noch eine kleine Restangst da. Mein Blick geht wieder zu Mia. Es ist erstaunlich wie viel Kraft ein Mensch mir geben kann. Wie viel Kraft sie mir geben kann. Wir sollten gehen, Billy. Es dauert tatsächlich ein paar Sekunden bis ich mich wirklich von Mia trennen kann und sehe zu den beiden. "Nein, bitte bleibt noch." Oh, ich kenne diesen Blick! Wir sollten gehen. Brenda lacht und steht auf. Komm Billy. Hab ich was verpasst? Brenda verdreht ihre Augen. Wirklich? Wirklich, Billy? Ich muss so lachen.
"Was? Aber wieso?", frage ich überrascht nachdem Tristan und ich unseren Blickkontakt beendet haben, um wohl beide Brenda fragend anzuschauen. Ihre Erklärung bringt mich zum Lachen - nicht nur mich, sondern auch Tristan. Das ist in den letzten Minuten schon einige Male geschehen und ich bin so dankbar für den wundervollen Klang seines Lachens - heute noch mehr als sonst schon. "Aber ihr müsst nicht." Ich stehe auf und lasse dabei die Hand von Tristan los - was er im gleichen Moment tut. Oh, ihr möchtet, dass wir euch dabei zu sehen? Interessant. Ich wusste gar nicht, dass du auf sowas stehst, Süße! "Was? Ich..." Brenda kommt zu mir und nimmt mich fest in den Arm. Alles gut. flüstert sie mir ins Ohr. Lass dich von mir nicht ärgern. Sie drückt mir einen kleinen Kuss auf die Wange. Es war ein krasses Gespräch. Für Tristan nochmal ganz anders als für uns. Lassen wir ihn in deinen Armen kommen... runterkommen. Dafür knuffe ich sie in die Seite und wir lösen uns leise lachend von einander. "Danke." Mehr muss ich nicht sagen. Der Blick von Brenda verrät mir ganz genau, dass sie weiß wofür dieses kleine Wort alles steht. Komm her. Auch Billy drückt mich. Das macht er nicht so oft, aber es fühlt sich immer gut an. Ob er Tristan gerade auch gedrückt hat? Sie haben sich voneinander verabschiedet, während Brenda und ich uns verabschiedet haben - nun ist es andersherum. Wir begleiten die beiden natürlich noch zur Tür und Brenda und ich verabreden uns für Morgen auf ein Blumeneinkauf. Es dauert ein paar Minuten bis wir uns wirklich voneinander lösen, doch dann schließt sich die Tür hinter den beiden und ich atme einmal tief durch. Ich lehne mich mit meinem Rücken an die geschlossene Tür und suche den Blick von Tristan. "Wie geht es dir, Liebster?"