Als ich wach werde, fühle mich zwar ausgeschlafen aber auch etwas gerädert. Ich hasse Jetlag wirklich. Noch ein paar Tage. Und sobald wir unterwegs sind, ist das eh egal. Mia schläft noch oder döst zumindest, denn als ich mich bewege, flüstert sie meinen Namen. Ich lächle leicht und küsse ihre Stirn. "Guten Morgen." Sanft streicht meine Nasenspitze über ihre Stirn. "Werde in Ruhe wach. Ich hole uns Brötchen." Leicht bewege ich meinen Kopf, um ihr einen kleinen Kuss zu geben. Langsam und vorsichtig stehe ich auf, strecke mich und verschwinde im Badezimmer. Ich ziehe noch einmal die Sachen von gestern an und wasche mich. Jean hat ein bisschen was eingekauft, sodass wir für das Frühstück gewappnet sind. Wir brauchen nur Brötchen - oder Croissants. Die werde ich uns holen. Als ich aus dem Schlafzimmer schleiche, sieht sie mich schon an und winkt mir auch noch leicht. Ich steh so auf diese Frau. Es dauert ein bisschen bis ich wieder da bin. Ich habe die Bäckerei schnell gefunden, doch tatsächlich habe ich mich ein bisschen unterhalten - und das ohne Kaffee - und zu den Croissants auch noch ein bisschen süßes Gebäck dazugeholt. Naschen geht immer. Als ich die Wohnung wieder betrete, ist das Schlafzimmer leer und es riecht nach Kaffee. Natürlich hat sie den Tisch auf dem Balkon schon gedeckt. Es ist noch etwas frisch, aber sie hat eine Jacke übergezogen und ich trage einen Hoodie. Wir werden nicht frieren. "Mein Gott siehst du wieder gut aus." Sie hat gerade Gläser mit Wasser befüllt und ich stelle in einer Bewegung die Tüte vom Bäcker ab und schlinge meine Arme um sie, um ihren Hals zu küssen. Meine Hände streichen über ihren Bauch und ich schmiege sie an mich. "Vielleicht sollten wir den Tag im Bett verbringen." Ich lache gegen ihre Haut, beiße sie ein kleines bisschen und löse mich dann von ihr, weil sie mir sagt, dass ich die Brötchen in den Brotkorb legen soll. Brummend tue ich das und bringe diesen dann raus. Wir haben für heute viel vor und ich habe noch eine kleine Überraschung für sie. Aber die bekommt sie erst, wenn wir starten.
Sein Brummen entlockt mir ein leises Lachen und über meine Schulter hinweg, beobachte ich ihn zufrieden dabei, wie er die Brötchen erst in den Korb legt und diesen dann rausbringt. Halt! Habe ich da auch ein Croissant gesehen? Ich beiße mir schmunzelnd auf meine Unterlippe und nehme dann beide Gläser in die Hand, um sie ebenfalls nach draußen zu bringen. Ich bin wirklich zufrieden. Sehr zufrieden. Das Wort trifft meinen Zustand gar nicht so recht, aber es kommt sehr nahe an das Gefühl von Zufriedenheit heran. Es fühlt sich ein bisschen besser an. So eine innere Ruhe. Sich einfach wohlfühlen. Glücklich sein. Er streicht sich gerade eine Locke aus dem Gesicht als ich zu ihm auf den Balkon komme und sogleich kribbeln meine Finger, weil ich das selbst so gerne bei ihm mache. "Ich habe unsere Koffer ausgepackt. Du musst nur nachsehen, ob alles dort ist, wo du es haben möchtest." Er war nicht allzu lange fort, aber lange genug, dass ich das angehen konnte. Er war so lieb die Koffer gestern im Schrank zu verstauen, damit wir nicht darüber fallen und vielleicht auch ein bisschen, damit ich sie nicht sehe und mir keine Gedanken mehr mache. Ich stelle die beiden Gläser auf dem Tisch ab - jeweils an seinem und an meinem Platz. Nun habe ich die Hände frei und kann mich vor ihn schmieben, um dann meine Arme um seine Mitte zu schlingen und ihn sanft zu drücken, während ich mich an ihn schmiege. "Danke." Sein Blick mutet fragend an und ich beginne zu lächeln. "Für einen tollen ersten Tag gestern. Für eine tolle erste Nacht. Dafür, dass du einfach du bist." Ich lache ganz leise. "Und dafür, dass du uns Brötchen geholt hast. Habe ich da auch noch was anderes als Brötchen gesehen?" Ich könnte natürlich selbst nachschauen, aber ich blicke viel lieber ihn an. Meinen von Kopf bis Fuß, von Innen und Außen liebenswerten Mann.
Das Lächeln auf meinen Lippen wird immer größer. Sie sieht so entspannt und glücklich aus und heute ist gerade einmal Tag zwei. So früh hatte ich nicht damit gerechnet. Ich hatte wirklich gehofft, dass sie sich entspannt und das tut sie. Sehr gut. Dann muss ich lachen. "Wir können nicht in Paris sein ohne Croissants zum Frühstück zu essen." Es ist für jeden ein Brötchen und ein Croissant da. Und halt noch etwas Gebäck. Es scheinen Kekse zu sein. Die nette Dame hat sie eingepackt und meinte, dass sie gut sind. Ich nehme meine Hände von ihren Seiten - dort haben sie sich hingelegt, als sie ihre Arme um mich geschlungen hat - und lege sie an ihre Wangen. Sanft streichen meine Daumen über ihre Wangen und wir sehen uns einfach nur an. Diese wundervolle Frau ist meine Frau. Ob ich das jemals richtig realisieren werde? Sie hat meinen Koffer ausgepackt und ich habe ihr eben schon versichert, dass sicher alles an seinem Platz ist. Ich kenne sie doch. Sie hat den Tisch gedeckt und uns Kaffee gemacht. Wir sind ein gutes Team. Das beweisen wir uns immer wieder. Es ist so unglaublich harmonisch. Doch bevor ich ihr das sage, beuge ich mich zu ihr hinunter und dann küsse ich sie - sehr liebevoll, sehr zärtlich. Ich hoffe, dass sie spürt, dass ich glücklich bin und dass es mich noch glücklicher macht mit ihr hierzusein. Es ist einfach perfekt. "Lass uns essen. Sonst kommen wir heute wirklich nicht mehr los." Natürlich bekommt sie vorher noch einen Kuss und dann setzen wir uns, um zu essen.
"Du schmeckst noch nach Zahnpasta.", seufze ich leise und dann küsse ich ihn ein weiteres Mal. Wie er inzwischen weiß, mag ich seine Zahnpasta irgendwie. Als ich ihm das zum ersten Mal gesagt habe, musste er lachen und ich habe ihn verwundert angeschaut. Als er dann meinte, dass ihm das noch nie jemand gesagt hat, musste ich auch lachen. Der zweite Kuss ist kürzer als der erste, aber deshalb nicht weniger zärtlich. Meine Lippen kribbeln noch von dem ersten. Er hat mich so liebevoll geküsst, dass nicht nur meine Finger, sondern mein gesamter Körper gekribbelt hat. "Du hast Recht." Aber es ist Zeit für noch einen weiteren Kuss bevor wir uns setzen. Mein Blick wandert noch einmal über den Tisch. Haben wir alles? Ich möchte nicht, dass es ihm an irgendetwas fehlt. "Jean hat wirklich gut eingekauft. Es sind sehr leckere Sachen dabei, auch wenn ich nicht alles an der Verpackung erkannt habe, haben mir das Geruch und Geschmack verraten. Ja, ich habe vielleicht das ein oder andere probiert als ich mir sicher war, dass es vegan ist.", gestehe ich leise lachend. Da sind zum Beispiel zwei Aufstriche, die wie Frischkäse schmecken - nun unterschiedliche Geschmacksrichtungen. Nebst diesen und weiterem, ist da aber auch Konfitüre. Perfekt für Croissants, oder? Ich schaue zu ihm als er gerade seinen ersten Schluck Kaffee trinkt. Ich schmunzle. "Jetzt kann der Tag losgehen, hm?", scherze ich, während ich nach einem Brötchen greife. Erst schneide ich ihm eines auf und dann mir.
"Danke dir." Ich nehme lächelnd das Brötchen entgegen und lasse dann meinen Blick über den Tisch schweifen. Als sie das das erste Mal getan hat, war ich sehr gerührt gewesen. Ich finde es eine unglaublich liebevolle Geste von ihr, dass sie das für mich machen will. Sie ist eben ein Traum. Und das passt perfekt zu dieser Zärtlichkeit, die sie mir entgegenbringt, die ich vorher so nicht kannte und ich genieße es wirklich sehr, dass sie so zu mir ist. Dass sie mich so liebt, dass sie so zu mir ist. "Schmeckt der Frischkäse?" Ich hatte Jean gesagt, dass er alles in vegan kaufen soll, woraufhin dieser etwas beleidigt war, denn immerhin wisse er das doch. Ich muss etwas schmunzeln bei dem Gedanken und erzähle es Mia, während ich den Frischkäse, den sie mir netterweise gereicht hat, auf das Brötchen schmiere. Ohne dass ich etwas sagen muss, reicht sie mir die Gurkenscheiben. Sie weiß wie sehr ich diese Kombi liebe und ich hatte genau das im Sinn. "Hast du gut geschlafen, mon amour?" Erst nach meiner Frage beiße ich ab, lasse sie aber zu keiner Sekunde aus den Augen.
"Oh nein!", lache ich leise. "Er hat sich trotzdem sehr viel Mühe gegeben. Ich habe nur vegane Speisen im Kühlschrank gefunden. Das Gemüse ist sehr frisch. Nicht nur Gurke, sondern auch Radieschen. Ich habe keine Ahnung, wo er die herbekommen hat, aber sie passen perfekt zu dem Frischkäse." Ich gucke zwischen den beiden Packungen hin und her und deute dann auf den rechten. "Zu dem." Er bekommt natürlich trotzdem die Gurkenscheiben. "Tatsächlich habe ich sehr gut geschlafen. Ich brauchte eine Weile bis ich einschlafen konnte, aber dann war es sehr angenehm für eine erste Nacht in einem fremden Bett." Da tut man sich meist ein bisschen schwer mit, oder? Selbst für ihn ist es ein fremdes Bett. Er hat mir gestern erzählt, dass er noch nie in diesem Schlafzimmer genächtigt hat. Während ich erzähle, kümmere ich mich um mein Brötchen, damit auch ich nach meinen folgenden Worte abbeißen kann: "Hast du denn auch gut geschlafen?" Ich beiße ab und kaue dann genüsslich. Es ist wirklich köstlich und ohne seine Antwort abzuwarten, schaue ich mir erst das Brötchen an und dann ihn fragend: "Was ist das?", frage ich hinter vorgehaltener Hand. "Das Brötchen schmeckt anders als bei uns." Das ich das sehr lecker finde, verrät wohl mein Blick und auch meine Stimme.
"Zu dem?" Ich frage noch einmal nach und nachdem sie nickt, bestreiche ich die andere Hälfte mit diesen Frischsalat und belege davon eine Hälfte mit Radieschen und eine mit Gurke. Wenn sie meint, dass es schmeckt, dann wird es so sein. Ich bin wirklich erleichtert und froh, dass sie überhaupt schlafen konnte und dann auch gut geschlafen hat. "Ich habe wirklich gut geschlafen. Anscheinend war ich fertiger als ich dachte." Ich lache leise und dann sogar etwas lauter, als sie mit einem Mal feststellt, dass die Brötchen anders schmecken. "Ja. Sie sind anders. Fester, anderes gebacken. Oh, wir werden uns nachher mall ein Brot kaufen. Ein dunkles." So etwas gibt es in den USA gar nicht. Ich bin wirklich sehr gespannt wie sie das finden wird. "Das wird dir noch ein paar Mal passieren, dass du etwas isst, das du kennst und es ganz anders schmeckt." Ich esse dann mein Brötchen auf und nehme mir ein Croissant. "Du musst sehr vorsichtig sein." Ich zeige ihr, wie ich es längst aufschneide. Natürlich bekommt sie das. "Die Franzosen können dieses gezupfe gar nicht leiden. Es wird aufgeschnitten und dann meistens mit Marmelade beschmiert." Ich grinse etwas und schneide auch meines auf. "Allerdings esse ich es am liebsten mit Hasselnusscreme und gezupft. Aber damit du es weißt." Ich zwinkere ihr zu und beschmiere meines dann brav mit der Marmelade und klappe es wieder zusammen. "Wollen wir dann zuerst in den Park zum Klavier?" Das Ziel hatten wir sehr spontan herausgesucht und jetzt am Morgen war sicherlich noch nicht so viel los.
Ich schaue verwundert zwischen meinem und seinem Croissant hin und her. "Ich hätte gezupft.", gestehe ich noch bevor ich dann lachen muss. Natürlich will ich es so essen, wie es in Frankreich gegessen wird. Das ändert nichts am Geschmack, dessen bin ich mir bewusst, aber man verreist schließlich auch, weil man etwas über die Kultur lernen und sich vielleicht sogar zu eigen machen möchte. Vielleicht empfinde ich dieses Bedürfnis sogar noch stärker, weil dieses Land, seitdem er mein Partner ist, noch interessanter für mich geworden ist als vorher schon. Ich lerne nicht umsonst die Sprache. Ich möchte so viel wissen, wie nur irgendwie möglich. Erst einmal esse ich aber dieses köstliche Brötchen auf, was zugegeben noch ein bisschen länger dauert als sonst, weil ich mir jeden einzelnen Bissen voller Genuss auf der Zunge zergehen lasse. Er hat recht - es ist wirklich fester. Ich kann nicht herausschmecken, inwiefern es anders gebacken ist, aber ich finde es sehr lecker. "Gerne." Ich schaue von meinem Croissant, dass ich gerade mit Konfitüre beschmiere, zu ihm hinüber und lächle. "Ich beginne den Tag gerne mit deinem Klavierspiel." Es gefällt mir, dass wir Wort halten und nicht alles bis ins kleinste planen, sondern uns Raum für spontane Ideen, wie diese lassen. "Das letzte Mal habe ich dich auf dem Markt in der Öffentlichkeit spielen hören." Er hat mir erklärt, dass Musik immer anders klingt, wenn sich zum Beispiel die Umgebung ändert - selbstverständlich auch aufgrund anderer Komponente. "Ich bin gespannt zu hören, wie es klingt." Ich setze zufrieden mein Oh ja, ich höre dir zu! - Gesicht auf und schaue dann wieder hinab auf mein Croissant, um es zu zuklappen. Ich bin ein bisschen aufgeregt. Selbstverständlich ist es nur ein Croissant mit Konfitüre, aber ich bin so gespannt darauf wie es schmeckt und freue mich darauf, dass mit meinem folgenden Bissen herauszufinden. "Mhmmmm.", gebe ich begeistert von mir.
Bei ihrem Blick muss ich lachen. Sie hat mir schon sehr oft bewiesen, dass sie meinen Ausführen tatsächlich aufmerksam lauscht, wenn ich sie wieder einmal stundenlang mit der Theorie von Musik volllabere. Dafür liebe ich sie noch mehr, denn ich bin mir bewusst, dass ich mich dann kaum bis gar nicht stoppen kann und vieles halt wirklich sehr theoretisch ist. Doch manchmal, wenn wir einen Film gucken und mich zusammenreiße nichts zu der Musik zu sagen, fragt sie mich sogar. Auch wenn das bedeutet, dass wir den Film pausieren müssen, eine Szene nochmal gucken oder sogar spulen, weil ich zwei Szenen miteinander vergleiche. Sie muss mich wirklich sehr lieben. "Ich bin auch gespannt, auch wenn ich jetzt nicht von der besten Qualität ausgehe." Ich freue mich schon darauf ihr auf meinem Klavier vorzuspielen, das aktuell noch in New York steht. Ich habe mich entschieden meine jetztige Wohnung zu einem Studio umzubauen, beziehungsweise ein mobiles Studio dort hineinzubauen. Der Rest wird so bleiben, denn dann können wir Gäste unterbringen, die dann sogar eine eigene Wohnung haben. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich den Sound in solch einem Studio perfektionieren kann. Es wird alles isoliert sein, das Klavier kann auf den Raum aus gestimmt werden und es ist ein wirklich gutes Klavier. Eines der besten, die es auf der Welt gibt. Und ich bin mir sicher, dass sie es hören wird. Genauso wie ich weiß, dass sie trotzdem lieber im Wohnzimmer auf ihrem Sessel sitzen wird und mir lauscht wie ich auf unserem Klavier spiele. Ich grinse zufrieden, als sie ein Geräusch des Genusses von sich gibt. Es freut mich so sehr, dass ihr alles so gut schmeckt. Ich habe bereits aufgegessen und trinke meinen Kaffee. "Ich würde mich dann gleich nur noch umziehen und dann können wir auch gern los." Natürlich, wenn wir hier fertig sind. Das versteht sich von selbst.
"Wenn wir fertig sind..." Was so viel heißt, wie Wenn ich fertig bin denn er ist es bereits. "...kann ich hier zusammenräumen und du ziehst dich um, hm?" Wenn wir gemeinsam essen, stehen weder er noch ich auf und verlassen schon den Tisch, wenn einer von uns noch nicht fertig ist - mit der Ausnahme wir füllen Getränke nach oder dergleichen. Ich genieße es sehr, dass ihm solch eine Zeit genauso wichtig ist wie mir. Wir frühstücken selten zusammen und essen auch nur manchmal am Tage zusammen, weil wir zwei individuelle Leben führen, aber wenn wir es doch mal tun oder abends gemeinsam speisen, ist es etwas besonderes und wir nehmen uns die Zeit. Was sich manchmal ziehen kann, weil ich nun mal langsam esse. Aber er beschwert sich nie. Als er seine Lippen öffnet, blicke ich ihn direkt an - ich hatte es nur aus dem Augenwinkel gesehen. "Lass mich. Umso schneller komme ich in den Genuss dich spielen zu hören." Ich zwinkere ihm zu und esse dann weiter. Mein Blick schweift währenddessen über die Stadt hinweg. Diese Aussicht ist einfach unbeschreiblich. Nun habe ich sie einmal im Morgenlicht, einmal nachmiitags und einmal bei Nacht gesehen. Es sieht immer ein bisschen anders aus, aber immer gleich schön. "Warte mal..." Ich schaue wieder zu ihm - fragend. "Wie kommt es eigentlich, dass hier in der Wohnung kein Klavier steht?" Immerhin hat er in der Wohnung in New York eines und auch das in San Francisco. Er hat erzählt, dass er hier sehr viel Zeit verbracht hat, also hätte es mich nicht gewundert, wenn hier auch eines gestanden hätte. Nun, da es mir in den Sinn gekommen ist, wundert es mich vielmehr, dass hier keines ist. Ich trinke noch einen Schluck, während ich auf eine Antwort von ihm warte und essen dann mein Croissant auf.
Ich bin zwar nur bedingt damit zufrieden, dass sie hier alleine abräumt, doch ich gebe mich geschlagen. Ich muss mich auch nur umziehen. Das wird nicht ewig dauern und dann kann ihr danach immer noch helfen. So ist mein Plan und den behalte ich für mich, damit sie ihn nicht direkt vereiteln kann. Dann muss ich lachen. "Tatsächlich dachte ich, dass die Frage direkt kommt, nachdem du die Wohnung gesehen hast." Ich schmunzle etwas und trinke noch einen Schluck von meinem Kaffee. "Früher stand ihr eines. Ich glaube es ist jetzt seit acht Jahren weg?" Ich überlege kurz, doch ich weiß es wirklich nicht mehr genau. "Mein Dad hat da angefangen die Wohnung an Touristen zu vermieten. Als dann mein Grandpa starb, sind wir halt meistens ans Meer gefahren und haben dort meine Großmutter besucht und waren gar nicht mehr so oft hier. Daher wurde das gute Stück nur selten gespielt und so ist mehr Platz in der Wohnung." Ich nicke leicht. "Darum steht keines mehr hier. Ich war auch sehr lange nicht mehr als nur ein paar Tage hier. In den letzten Jahren eigentlich nur, wenn es irgendwelche Partys gab. Wie gesagt, meine Großmutter lebt ja wieder am Meer und meistens waren wir dort." Und dort steht natürlich eines. Meine Großmutter liebt es mir beim Spielen zuzuhören und natürlich mache ich das auch, wenn ich sie besuche.
"Dann steht also eines bei deiner Großmutter im Haus?" Als er nickt, beginne ich zu lächeln. "Lass mich raten: Sie liebt es dich spielen zu hören." Wieder nickt er. "Dann haben wir nebst unserer Liebe zu dir schon eine zweite Gemeinsamkeit." Für einen Moment, vielleicht fünf Sekunden, schauen wir uns einfach nur an. Mein Herz schlägt ein bisschen schneller als es notwendig wäre. Wohlgemerkt nicht, weil wir über seine Großmutter gesprochen haben, sondern weil ich ihm indirekt gesagt habe, dass ich ihn liebe und er mich nun so ansieht, wie er das manchmal tut. Dann senke ich, noch immer lächelnd, meinen Blick. "Geh dich umziehen." Sonst küsse ich ihn und dann würde das passieren, was er vorhin auch schon vorhergesehen hat - wir würden die Wohnung erst einmal doch nicht verlassen. Er gibt eines seiner leisen, so melodisch klingenden Lachen von sich und stellt dann, seine inzwischen leere Tasse auf dem Tisch ab bevor er aufsteht und hinein geht. Ich bleibe noch ein paar Sekunden sitzen. Erst schaue ich ihm nach und dann noch einmal über die Dächer hinweg. Es ist wirklich schön hier. Die Stadt hat mich von der ersten Sekunde an in ihren Bann gezogen und dieses Wohlgefühl hat sich viel schneller eingestellt als ich es vermutet hätte. Ich stehe auf und mache mich daran aufzuräumen bis er umgezogen zurückkommt und mir zur Hand geht. Zusammen sind wir natürlich schneller fertig und so dauert es gar nicht lange, dass wir aufbrechen können. Wir verlassen das Haus und ich setze meine Sonnenbrille auf, die ich extra mitgenommen habe. Es ist nicht mehr so heiß, wie es den Sommer über war, aber die Sonne scheint und steht nun, da der Herbst sich ankündigt, tiefer am Himmel, sodass sie recht schnell blendet. Zum Glück habe ich daran gedacht unsere Sonnenbrillen mitzunehmen.
"Warte." Meine Hand hat ihre ergriffen, doch wir gehen erst einmal nicht weg vom Haus, sondern am Haus vorbei und zu einer Tür. "Ich habe noch eine Überraschung für dich." Sie sieht mich etwas irritierend an und ich grinse leicht. Ich hatte Jean extra darum gebeten, weil es unsere Touren durch die Stadt noch cooler machen wird und ich glaube, dass ihr das gefallen wird. Ich hole meinen Schlüssel heraus, an dem noch zwei, drei weitere Schlüssel dran sind - einer für den Keller, einer zu den Büroräumen und einer zu der Garage. Den letzteren nutze ich und schließe diese auf. "Nach Ihnen." Sie sieht mich immer noch fragend an, doch geht in die dunkle Garage. Ich drücke einen Knopf an der Seite - nicht um das Licht anzumachen, sondern um das Tor zu öffnen. Dadurch werden wir genug Licht haben. Die Garage wird hauptsächlich zum abstellen von allen möglichen genutzt und man merkt auch direkt, dass ein Auto hier nicht mehr reinpassen würde. Dafür etwas anderes. Die rote Vesper steht dazu bereit die Garage zu verlassen. Jean hat sie extra für die zwei Wochen gemietet. Auf der Sitzfläche liegen zwei Helme und nach diesen greife ich jetzt und reiche ihr einen - grinsend. Ich hoffe, dass sie sich freut.
"Was?" Ich bin etwas irritiert als er eine Tür öffnet und mich in einen dunklen Raum bittet. Was ist das? Geht es hier in das Untergeschoss des Hauses? In den Keller? Ich nehme meine Sonnenbrille wieder ab und klemme sie vorne an den Ausschnitt meines Kleides. Auf einmal setzt ein Geräusch an und sogleich fällt mehr und mehr Licht hinein. Es ist ein Garagentor. Wir sind in einer Garage. Ich schaue von dem immer größer werdenen Lichtschein hin zu Tristan und dann, als ich umsehen will, fällt mein Blick auf eine Vesper. Sie ist sauber und glänzt in dem hereinfallenden Sonnenlicht. Es ist sehr offensichtlich, dass sie entweder noch nicht lange in der Garage steht oder frisch hergerichtet wurde. Dort liegen auf zwei Helme und Tristan tritt an die Vesper heran, um mir dann einen der Helme zu reichen. "Wir fahren Vesper?" Meine Stimme geht an Ende meiner Frage in die Höhe, nicht schrill, aber erkennbar. Das verdeutlicht nicht nur, dass meine Worte eine Frage sind, sondern auch das er ich überrascht bin - positiv überrascht. "Du kannst Vesper fahren?" Mein Herz schlägt schneller und ich drücke den Helm lächelnd an mich, während ich nun einmal um die Vesper gehe, um sie mir anzuschauen. Sie sieht sehr hübsch aus. "Das ist doch nicht dein ernst!", lache ich begeistert. Die Überraschung ist ihm wirklich gelungen.
Ich muss lachen. Sie ist so niedlich. Das sage ich ihr natürlich nicht, denn ich weiß, dass sie das nicht mag. Also genieße ich das einfach und lasse sie das gute Stück erst einmal bestaunen. "Viens ici, mon cœur!" Es dauert noch zwei Sekunden, die sie braucht um ihren Blick von der Vesper zu lösen und dann kommt sie zu mir. Ich nehme ihr den Helm wieder ab. "Setz die Sonnenbrille zuerst auf." Ich warte bis sie das getan hat und ganz automatisch streicht sie ihr Haar zurück und ich kann ihr den Helm aufsetzen. Vorher bekommt sie aber noch einen Kuss. "Wir fahren Vesper und ja, ich bin mit so etwas schon gefahren." Ich grinse sehr glücklich, denn die Überraschung scheint gelungen zu sein und das freut mich sehr. "So können wir uns sehr frei durch die Stadt bewegen und auch schnell. Stau wird kein Problem für uns sein." Mir ist bewusst, dass man sich nicht durch die stehenden Autos schmuggeln darf, doch eigentlich stört das niemanden. Genau deswegen fährt man so etwas in der Stadt. Nachdem ihr Helm sitzt, greife ich nach der Vesper, löse die Sperre und sehe dann Mia an. "Sie ist anfangs etwas schwer, aber das schaffst du." Sie greift nach dem Lenker und rollt das gute Stück heraus. Meinen Helm habe ich vorher genommen und ich mache das Garagentor wieder zu und schließe die Tür, durch die wir die Garage betreten haben, wieder ab. Dann setze ich mir meinen Helm auf und gehe zu ihr. Ich setze mich zuerst, nehme dann meine Tasche nach vorn und drehe meinen Kopf zu mir, als sie vorsichtig hinter mir Platz nimmt. Sie muss ein bisschen mit ihrem Kleid hantieren. "Die Füßen auf... genau." Sie schaut kurz und macht es dann direkt richtig. "Halte dich gut fest und wenn etwas ist, dann tippe ich am besten an." Sie nickt und ich schenke ihr noch ein Lächeln, bevor ich das gute Stück starte und dann fahren wir los. Natürlich fahre ich nicht den direkten Weg zu dem Park, sondern ein bisschen durch die Nachbarschaft, am Louvre vorbei, an Notre Dame und an anderen wunderschönen Gebäuden. Für die paar Minuten weg, brauchen wir fast eine Stunde, doch ich hoffe, dass sie das sehr genießt.