"Ich finde es toll euch beide zusammen zu sehen." Mein Herz schlägt schneller bei dem Gedanken. Natürlich würde ich Mia nicht verlassen, wenn sie nicht mit meiner Familie klarkommen würde. Doch natürlich gefällt es mir so besser. Sie hat sich mit meinem Vater gut verstanden, Lilly will auch jedes Mal mit ihr sprechen, wenn sie anruft und meine Großmutter ist dabei sie in ihr Herz zu schließen. Das bedeutet mir wirklich viel und macht mich gerade sehr glücklich. Wir brauchen nur wenige Minuten zum Strand. Im Garten meiner Großmutter gibt es eine Tür, die uns direkt auf einem Weg rauslässt, der zum Wasser führt. Es sind nur wenige Meter. Ich mag es sehr, wenn sie meine Sachen trägt und vor allem diesen Hoodie. Er ist mittlerweile ihrer. Dass sie eine Jeans trägt, finde ich immer noch seltsam. Wir kennen uns jetzt schon eine Weile und ich habe sie - heute inbegriffen - drei-, viermal in einer Hose gesehen. Nicht, dass es ihr nicht stehen würde. Sie sieht toll aus. Wir berühren den Sand und sie bleibt stehen und holt tief Luft. Tatsächlich ist es sehr ruhig. Hier gibt es nicht viel Schifffahrt, die Touristen sind nicht mehr da und so hört man nur die Wellen und die Möwen. Man kann das Salz auf den Lippen schmecken und es ist einen klar, kühle Luft. Meine Hand drückt die ihre etwas fester. "Es ist toll, oder?" Mein Blick geht vom Meer zu ihr und ich lächle nur noch mehr, während ich sie dabei beobachte wie sie ihren Blick wandern lässt. Der Strand ist lang, doch zur rechten Seiten sind die Klippen gar nicht so weit weg. "Manchmal sieht man sogar Wale und Delphine." Es kommt immer mal wieder vor, doch man muss Glück haben - wie wohl überall. Langsam setze ich mich wieder in Bewegung, damit wir etwas näher an das Wasser gehen. Tatsächlich gehen wir bis zur Wasserkante und ich lasse ihre Hand kurz los, um mich hinzuhocken und meine Finger von den Wellen treffen zu lassen. "Das ist wie mit Schnee... ich muss es berühren, um es auch zu spüren, dass es wirklich da ist."
"Oh, wirklich?" Als würde ich, allein seiner Worte wegen, dort augenblicklich Wale erblicken, wandert mein Blick von ihm zurück zum Meer. Natürlich taucht in diesem Moment keine riesige Schwanzflosse oder irgendein anderes Zeichen von Walen auf. "Ich habe noch Wale oder Delphine in Freiheit gesehen. Als Kind haben mich meine Eltern in den ein oder anderen Wasserpark mitgenommen, aber wie du dir denken kannst, halte ich mich schon sehr lange von solchen fern, weil sie nicht mit meinen Überzeugungen einhergehen." Ich seufze ganz leise. "Ich würde nur allzu gerne mal einen Wal in seinem natürlichen Lebensraum sehen, aber... wie natürlich kann es schon sein, wenn Menschen mit Booten dorthin fahren." Aber hier wäre es etwas anderes oder? Wir gehen weiter, während ich hoffnungsvoll, auch wenn ich es besser weiß, das Meer absuche. Unsere Füße tragen uns bis zu den Ausläufern der Wellen, die an den Strand spülen, aber wir bleiben stehen bevor wir mitten im Wasser stehen. Mein Blick folgt ihm als er sich hinhockt und meine Lippen formen sich bei seinen Worten zu einem Lächeln. "So geht es mir immer wieder mit dir." Als er zu mir aufblickt, zwinkere ich ihm zu. "Sollen wir hinüber zu Klippen gehen?" Ich kann nicht einschätzen wie lange bis zu diesen braucht, aber mir gefällt ihr Anblick und ich würde sie nur allzu gerne aus der Nähe sehen.
Ich grinse etwas. "Da gibt es auf jeden Fall Möglichkeiten. Etwas ab von Touristengebieten und mit Menschen, die Wale erforschen und sie nicht zur Schau stellen." Das werde ich mir auf jeden Fall merken und mich mal genauer erkundigen. "Von Nahen habe ich auch noch keine gesehen - wenn man von den Parks absieht. Aber da bin ich ganz bei dir. Es ist grausam." Leise lässt mich das seufzten. Wale, Delphine, Haie... es sind solche wundervollen Lebewesen. Und wilde Tiere sollte man sowieso nicht einsperren. Das ist immer Quälerei. Lieber genieße ich jetzt mit ihr die Natür, höre die Möwen und fühle das Wasser an meinen Fingern. Bei ihren Worten muss ich etwas lachen und sehe zu ihr. Als würde es mir mit ihr anders gehen. Wie oft ich abends noch wach liege, sie ansehe und nicht fassen kann, dass sie real ist. Es geht mir fast jeden Abend so. "Können wir gern machen." Ich richte mich wieder auf und lege meinen Arm über ihre Schultern und drücke ihren Körper fest an meinen, während wir am Strand entlang gehen. "Wir brauchen etwa eine halbe Stunde bis zu den Klippen." Wir haben Zeit. Wir haben alle Zeit der Welt. "Wir können ja morgen mal hoch auf die Klippen. Die Aussicht ist toll." Das gefällt ihr sicher, doch hoch auf die Klippen ist am besten mit dem Auto. Es geht auch mit Fahrrädern, doch der Weg hoch ist echt hart. "Hier könnte man alt werden, oder?"
"Eine halbe Stunde?" Ich lache leise. "Da sind wir in den letzten Tagen schon mehr gelaufen." Mein Körper schmiegt sich beim Gehen seitlich an den seinen und ich greife mit meiner Hand nach der seinen - die, die zu dem Arm gehört, der über meinen Schultern liegt. Ich verschränke unsere Finger miteinander und halte die seinen dann sanft fest. "Das klingt toll." Was so viel heißt wie - das machen wir. Durch den Sand zu gehen ist schwerer als auf einem festen Untergrund. Meine Füße fühlen sich schwer an. Da wir so nah am Wasser entlang laufen, geht es noch wesentlich leichter als würden wir tatsächlich durch den tiefen Sand gehen. Ich genieße das Gefühl sehr. Genauso wie das Rauschen des Meeres und das Kreischen der Möwen. Nebst seiner Stimme höre ich nichts anderes. Keinen Lärm, den Städte mit sich bringen. Auch das genieße ich. "Oh ja.", antworte ich aus dem Bauch heraus. Zugegeben bin ich erst seit heute hier, aber mein erster Eindruck verleitet mich zu dieser ehrlichen Antwort. "Nach den ersten Stunden hier und nun nach unseren ersten Schritten am Meer, kann ich sehr gut verstehen, warum deine Großmutter hier lebt. Es ist traumhaft." Ich blicke von der Seite zu ihm auf und mustere neugierig sein Profil. "Hast du da schon mal drüber nachgedacht? Ich meine ernsthaft nachgedacht."
Wir gehen zu den Klippen. Es ist eine schöne Strecke und man kann die ganze Zeit am Wasser entlang gehen. Vielleicht sehen wir an den Klippen ja Vögel, die sich dort manchmal aufhalten. Meine Finger drücken sanft die ihren. Ich liebe es, wenn wir uns so nah sind - mein Arm über ihrer Schulter, ihre Finger mit meinen verschränkt. Es ist nicht kalt, aber wären wir mit unseren Sommersachen hergekommen, dann hätte der Wind uns sicher zum frösteln gebracht. Mit den Hoodies ist es perfekt. Es ist nicht zu warm und nicht zu kalt. Perfekt - in allen Belangen. "Ja. Tatsächlich würde ich irgendwann wirklich gern hierher. Nicht in den nächsten Jahren. Aber irgendwann, wenn ich an den Punkt bin, dass ich einfach morgens das Meer hören und sehen will, bevor ich mich ans Klavier setze." Mein Blick geht zu ihr und ich grinse leicht. "Mittlerweile frühstücke ich vorher mit dir." Leise lache ich und gebe ihr einen kleinen Kuss auf ihr Haar. "Zum Altwerden. Für die Rente. Das würde ich wirklich gern." Ich habe mich immer bewusst dagegen entschieden in Frankreich zu wohnen. Die Möglichkeit hätte ich immer gehabt. Auch hier hätte ich eine gute Ausbildung genießen können. Ich will auch jetzt nicht in Frankreich leben. Ich liebe es dieses Land zu besuchen - so bleibt es etwas besonderes. Und ich möchte mich darauf freuen irgendwann hier meine letzten Tage zu verbringen.
Für die Dauer seines Kusses auf mein Haar schließe ich meine Augen, doch direkt danach öffne ich sie wieder. Mein Blick verharrt noch ein, zwei Sekunden auf ihm und richtet sich dann jedoch wieder nach vorne. Seine Worte haben mich dazu gebracht zu lächeln. Mittlerweile frühstücke ich vorher mit dir. Wie so oft, erfreut es mich, dass er mich in seiner Zukunft sieht. Dieses Mal nicht in seiner nahen Zukunft, sondern in seiner fernen, sehr fernen Zukunft. Meine Zungenspitze streichet einmal über meine Lippen und im nächsten Moment spüre ich eine kühle Brise darüber hinweg streicheln - es noch deutlich spüren, weil meine Zunge sie gerade benetzt hat. Könnte ich es mir vorstellen hier zu leben? Als er gerade meinte, dass man hier alt werden könnte, habe ich die Frage nicht direkt auf uns bezogen. Man könnte es. Wir könnten es. Das was er gerade mit wenigen Worten beschrieben hat, klang nicht nur schön, sondern ich kann es mir auch vorstellen, während wir weiter den Strand entlang laufen. Es ist nur nicht die Zukunft, die ich mir bisher vorgestellt habe. Wenn ich mir Gedanken darüber gemacht habe, wo und wie ich alt werde, wobei solche Vorstellungen ja immer etwas verträumtes haben, habe ich mich selbst immer in der Kingston Avenue gesehen. Natürlich kamen mir hin und wieder auch andere Gedanken, wie das nun mal so ist, aber zu dieser Vorstellung bin ich immer wieder zurückgekehrt. Alt werden mit den Menschen, mit denen man den Großteil seines Lebens verbracht hat. Mein Blick wandert nach unten zu dem Sand in welchem wir unsere Fußspuren hinterlassen und ich beobachte einen Moment, wie wir Schritt für Schritt vorangehen. Könnte ich meine Vorstellung wirklich für seine Vorstellung aufgeben? Auch diese Frage ist selbstverständlich nur wieder fantasterei, aber ich gebe mich ihr hin und als ich zu einer Antwort komme, hebe ich lächelnd wieder meinen Blick. Vor uns kommen die Klippen näher und ich beginne Ausschau nach den Vögeln zu halten von denen er gesprochen hat.
Mein Blick geht immer mal wieder zu ihr. Nach meinen Worten scheint sie in Gedanken versunken zu sein. Mir ist klar, dass sie bisher wahrscheinlich nie daran gedacht hat an der Küste Frankreichs in Rente zu gehen. Für mich stand das immer fest. Mein Daumen streicht leicht über ihren Handrücken. Ich frage nicht nach. Wenn sie mir ihre Gedanken mitteilen wollen würde, dann würde sie das auch tun. Außerdem reden wir gerade über etwas, dass sehr weit in der Zukunft liegt. Vielleicht reisen wir irgendwann an einen Ort, sehen diesen und sagen: das ist es! Man weiß es nie. Die Hauptsache ist sowieso, dass sie an meiner Seite ist. Wenn sie sagen würde, dass sie nach Alaska will, dann würde ich nur fragen wann es los geht und wie dick die Jacken sein sollten. Mein Blick wandert über das Wasser und ich muss etwas schmunzeln. Natürlich habe ich mich in dem letzten Jahr sehr verändert - ohne sie aber auch durch sie. Mein Lebensplan war immer der Mittelpunkt meines Lebens und nichts und niemand konnte mich davon abbringen. Dann habe ich sie getroffen. Und es fühlt sich gut an. Ich kann es nicht beschreiben wie genau es sich anfühlt, doch es fühlt sich gut an. "Da oben!" Mein Blick ist zu den Klippen gegangen und weiter oben sieht man tatsächlich einige Vögel an den Klippen. Einige fliegen, einige sitzen dort. "Im Frühjahr nisten dort auch einige Arten."
"Was?", frage ich leise nach, wie man das manchmal macht, wenn man überrascht - aus seinen Gedanken gerissen - wird. Es ist ein Was ist dort? und kein Was hast du gesagt? Mein Blick folgt dem seinen und ich entdecke an den Klippen in einiger Höhe mehrere Punkte. Erst erkenne ich nur die Vögel, die gerade in der Luft sind, doch dann nehme ich auch Bewegungen direkt an dem Gestein der Klippen wahr. "Unglaublich!" Ist vorerst mein einziger Kommentar. Ich bin damit beschäftigt meinen Blick die Klippen entlang wandern zu lassen und zu beobachten was die Vögel tun. Erst nach einer Weile füge ich meinem einen Wort des Erstaunens zu. "Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie sich Tiere an ihre Umgebungen anpassen können. Wie die Natur im Einklang mit sich selbst ist. Dort oben kann es bestimmt extrem winding sein und dennoch nisten dort Vögel." Ein leises, von Anerkennung zeugendes Lachen verlässt meine Lippen. "Es ist windig? Kein Problem, hier sind Flügel und dichte Federn. Sei stark, dann wirst du damit belohnt, dass es kaum ein natürlicher Fein an dich heranschafft." Mein Blick löst sich von den Vögeln und schnellt hin zu ihm. "Weißt du was ich meine?"
Wir bleiben stehen, um die Vögel zu beobachten. Wenn wir noch näher herangehen, werden wir die Vögel gleich nicht mehr sehen können. Mein Blick geht wieder zu Mia und ich lächle. Wahrscheinlich sieht man mir an wie verliebt ich in diese Frau bin. Wahrscheinlich sieht man mir das immer an. Billy hatte es einmal zu mir gesagt - dass man mir ansieht wie sehr ich Mia liebe. "Ich weiß genau was du meinst." Mein Blick geht wieder hoch zu den Vögeln. "Es ist total spannend. Tatsächlich finde ich Vögel an sich nicht so spannend. Aber dafür liebe ich alles was im Meer lebt." Daher geht mein Blick wieder zum Wasser und dann zu ihr. "Ich hatte als Kind ein Buch über Wale und Delphine und damit fing es an. Finde es total spannend. Auch dass wir so wenig über das Meer wissen. Wir haben überhaupt keine Ahnung was da in den Tiefen noch lebt." Leise lache ich und unsere Blicke treffen sich. "Ich liebe es wie du die Welt siehst. Weißt du das?" Bevor sie mir darauf antworten kann, beuge ich mich zu ihr und gebe ihr einen sehr liebevollen Kuss. Sie zeigt mir so oft wie sie die Welt siehst und ich lerne diese ganz neu kennen. Ich liebe es.
Wie ich die Welt sehe? Die Worte liegen mir bereits auf der Zunge, doch bevor ich dazu kommen sie auszusprechen, spüre ich auch schon seine Lippen auf den meinen. Zugegeben habe ich den Kuss natürlich kommen sehen, weil ich ihn angeschaut habe und so selbstverständlich beobachten konnte, dass er sich zu mir hinunterbeugt, dennoch passierte es so schnell, dass ich nicht mehr dazu gekommen bin einen Ton von mir zugeben. Ich lächle in den Kuss hinein, den ich von der ersten Sekunde an sehr zärtlich erwidert habe. Seine Lippen sind so weich und warm. Letzteres fällt mir in diesem Moment sogar noch mehr auf als sonst, weil zuvor noch der frische Wind über sie hinweggefegt ist. Ich schmiege mich enger an ihn und sofort ist da dieses allumfassende Gefühl der Geborgenheit. Es bedarf nicht immer körperlichen Kontakt, damit ich dieses Gefühl verspüre, aber manchmal wird es dadurch verstärkt - so wie jetzt. Ist er es, der den Kuss in die Länge zieht, oder bin ich es? Wir genießen ihn auf jeden Fall beide und lösen uns erst nach einer herrlichen Ewigkeit voneinander. "Das war...", flüstere ich ganz leise. "...unser erster Kuss am Meer." Wieder etwas für unsere Sammlung.
Ich lächle bei ihren Worten und sehe in ihre wunderschönen Augen. "Und wieder einmal der beste Kuss meines Lebens." Jeder Kuss von ihr ist der schönste meines Lebens. Und dann gibt es noch die besonderen Küsse. Wie dieser hier. Der Wind weht um uns herum, ich kann das Salz hauchzart auf ihren Lippen schmecken, die Wellen brechen direkt neben uns und es hört sich an als würden sie direkt um uns herum brechen. Es ist wieder einmal ein perfekter Moment mit ihr, an einem perfekten Ort und dann dieser perfekter Ort. Ich klaue mir noch einen kleinen Kuss von ihren Lippen, weil ich schon wieder nicht genug von ihr bekomme. Fest drücke ich sie dabei an mich und sehe sie weiterhin an. So schön das Meer auch ist. Sie ist schöner. Sie ist schöner als alles andere. "Wollen wir noch ein Stück am Wasser entlang?" Wir haben noch einige hundert Meter bis die Klippen anfangen und der Strand endet. Obwohl es vom Geräuschpegel schon recht laut ist, umgibt dieser Ort eine ganz besondere Ruhe. Eher eine innere Ruhe und die finde ich - neben dem Klavierspielen - nur bei ihr.
"Sehr gerne." Trotz meiner Worte bleiben wir noch einige Sekunde, vielleicht eine halbe Minute eng aneinander geschmiegt stehen und kosten die Nähe und Wärme des anderen aus. Erst dann setzen wir uns gemeinsam in Bewegung ohne das wir einander ein Zeichen gegeben haben oder dergleichen. Wieder schmiege ich meinen Körper im Gehen seitlich an den seinen, doch dieses Mal liegt sein Arm nicht über meinen Schultern. Unsere Hände haben zueinander gefunden und unsere Finger sich miteinander verschränkt. Es sind noch einige Meter bis zu den Klippen. Wie viele? Hundert vielleicht? Ich war noch nie sonderlich gut darin Entfernungen zu schätzen. Es dauert noch einige, schwere Schritte im Sand bis ich dem Rauschen der Wellen zum Trotz wieder das Wort ergreife. "Also du liebst das Meer?", frage ich interessiert. "Weil es genauso schöne Musik macht wie du, oder?" Meine Lippen formen sich zu einem Lächeln und ich schaue kurz von den Welle hinauf zu seinem Profil. "Meinst du, es gibt da unten noch ganz vieles? Unentdecktes? Vielleicht ganz andere Welten?" Ein leises Lachen schlüpft über meine Lippen und geht es in dem Klang des Meeres beinahe unter. "Ich habe fürher die Geschichten von Meerjungfrauen sehr geliebt."
Als sie wieder das Wort ergreift, geht mein Blick wieder zu ihr und ich muss sogar etwas lachen. "Ich glaube, dass das Meer viel schönere Musik macht. Die Natur allgemein." So sehr ich die menschengemachte Musik liebe - die schönste findet sich in keinem Konzertsaal. Diese findet man nur draußen. "Wir wissen mehr über den Weltraum als über die Tiefsee. Alles Leben stammt aus diesen Meeren. Es werden immer wieder neue Fische gefunden. In den Meeren leben Fische, Säugetiere, Krebstiere, Weichtiere. Auch für Vögel ist das ein wichtiger Lebensraum. Oktopusse sind unfassbar intelligente Wesen - aber nicht wie wir Menschen. Ihre Intelligenz hat sich anders entwickelt. Es gibt riesengroße Quallen, die durch das Meer streifen. Du musst dir mal die Phantomqualle ansehen. Sie ist wunderschön, riesig. Doch es gibt nur wenige Sichtungen von ihr." Dann muss ich etwas lachen. "Entschuldige. Anscheinend noch ein Thema, bei dem ich mich gern in Rage rede." Ich schaue kurz zum Meer und dann wieder zu ihr. "Es wäre irgendwie cool, wenn es so etwas wie Meermenschen geben würde, oder? Obwohl ich tatsächlich immer die gruseligen cooler fand, als diese romantischen. Wie bei Harry Potter."
Ich liebe es sehr, wenn er sich in Rage redet. Er ist immer mit so viel Begeisterung und Herz dabei, dass es mich nicht nur interessiert was er von sich gibt, sondern ebenso begeistert wir ihn. Es reißt einen mit. Mich zumindest. "Oh bitte." Ich verdrehe meine Augen und lache wieder. "Mal ganz davon abgesehen, dass das Wassermenschen waren, fand ich von Anfang an, dass sie mehr an Nixen als an Meerjungfrauen angelehnt waren." Als ich zu ihm sehe, entdecke ich, dass er mich mit hochgezogener Augenbraue ansieht. "Was denn? Es gibt Nixen, die leben angeblich in Flüssen und Seen. Und es gibt Meerjungfrauen, die wie es der Name schon sagt im Meer leben. Zumindest ist das eine von vielen Unterscheidungen. Man könnte sie auch so unterscheiden, dass Nixen in der Regel böse dargestellt werden und Meerjungfrauen in der Regel gut. Wie du sagst romantisch. Wobei diese Erklärung mir schon allein deswegen nicht gefällt, denn was ist dann mit Sirenen? Hmmmm?" Ich frage ihn so ernst als würden wir hier gerade eine wissenschaftliche Debatte führen und nicht über irgendwelche Fantastereien philosophieren. "An sich ist mir das aber alles gleich, weil es eigentlich nur darauf ankommt, wo man zu welcher Zeit und vor allem wann gelebt hat, denn danach richtet sich im Allgemeinen, wie man Wassermenschen bezeichnet. Als Nixen, Sirenen, Wassergeister, Meerjungfrauen. Ich fand Meerjungrfauen früher einfach so toll, weil Arielle einer der ersten Filme war, die ich gesehen habe." Ich zucke ganz leicht mit meinen Schultern.
Ich wollte gerade selbst das Beispiel Sirenen anbringen, als sie es selbst anspricht. Das bringt mich zum Schmunzeln. Ich überlege einen Moment und nicke leicht. "Ich glaube Arielle war auch meine erste Berührung damit. Und natürlich fand ich das cool. Ich meine... die leben unter dem Wasser. Das wäre doch total cool, wenn man das könnte." Leise lache ich und drücke sanft ihre Hand. "Und ich glaube es gibt von fast allen Wesen gute und böse Versionen, oder? Zumindest von den meisten. Zum Beispiel Feen." Es klingt wirklich ein bisschen so als würden wir hier sehr ernst über diese fiktiven Wesen sprechen. Doch irgendwie sind sie ja ein Teil unseren Lebens, durch die Bücher und Filme, die wir gelesen und gesehen haben. "Vielleicht sollten wir mal nach Büchern über Meerjungfrauen schauen. Da gibt es doch sicherlich einige spannende." Wir sind tatsächlich fast am Ende des Strandes und so bleiben wir wieder einmal stehen und beobachten wie die Wellen an den Klippen brechen. Man kann richtig sehen wie die Wellen über die Jahrtausende einen Teil dieses Gesteins schon abgetragen hat. "Ist es nicht auch spannend, dass das Meer überall anders ist - jede Küste ist anders und auf dem offen Meer ist es wieder anders. Dann Ebbe und Flut, die vom Mond gesteuert werden." Immer noch etwas, das ich nur bedingt verstehen kann. "Es hat irgendwie etwas magisches und dabei ist es nicht fiktiv." Ich muss etwas grinsen. "Wie die Liebe. Sie hat auch etwas magisches. Zumindest mit der richtigen Person."