Habe ich direkt alle sieben Bände gekauft, weil mir die Cover so gefallen haben? Ja. Als er mich mit erhobener Augenbraue angeschaut hat, habe ich ihm erklärt, dass wir sie ohnehin alle lesen werden und es viel schöner ist, wenn wir sie dann hier gekauft haben anstatt sie zu bestellen - der Erinnerung halber - und das ich, falls es zu Übergewicht kommt bei unserem Gepäck, ich das sehr gerne bezahle. Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob der Laut, den er dann von sich gegeben hat, ein Lachen oder ein Seufzer war, der von Resignation zeugte, aber wir haben sie genauso wie das Kochbuch gekauft. "Der Buchladen war wirklich schön." Da ist dieses Wort wieder. "Ich mag diese kleinen Buchläden viel lieber als die der großen Ketten. Sie haben so viel mehr Charme." Es dauert ein bisschen länger als zehn Minuten bis wir ankommen, weil wir unterwegs an einem Brunnen vorbeikommen, zu dem er mir noch eine kleine Geschichte erzählt. Wie gebannt lausche ich all seinen Geschichten, Erklärungen und kleinen Anekdoten - jedes Mal, wenn er so etwas zum Besten gibt. Das macht das, was wir uns anschauen, noch viel lebendinger und damit für mich sogar noch schöner als ohnehin schon. In dem Laden angekommen, lasse ich meinen Blick sofort schweifen. Es ist nicht zu voll, aber auch nicht zu leer. Es sieht sehr hübsch aus. Hier stehen wirklich viele Blumen und das finde ich immer schön. Auch draußen, wir sind an diesen Plätzen vorbeigegangen, weil wir uns drinnen erstmal die Karte anschauen wollten, sag es schon sehr cool hergerichtet aus. "Möchtest du hier essen? Drinnen? Draußen? Kannst du mir mit der Karte helfen?" Ich muss selbst lachen, weil es so viele Fragen sind. "Bitte entschuldige."
Wir werden mit den Büchern auf jeden Fall Übergepäck haben, doch das sollte unser kleinstes Problem sein. Allerdings habe ich drauf bestanden sie zu tragen, auch wenn sie diese unbedingt kaufen wollte. Sieben Harry Potter Bände sind wirklich nicht leicht - wie ich feststellen musste. Doch es ist auszuhalten. Sogar so gut, dass ich noch eine kleine Geschichte zu dem Brunnen erzählen kann, in dem ich mit Freunden nachts gebadet habe, nachdem wir - sehr betrunken - eine Party verlassen hatten und dann hier vorbeigekommen sind. Wir waren weg bevor die Polizei kam, doch es ist eine coole Erinnerung, die ich gern mit ihr teilen wollte. Tatsächlich scheint es ihr sehr zu gefallen, wenn ich ihr Geschichten erzählen, von Dingen, die ich hier erlebt habe. Ich blicke von der Karte auf und muss lachen. "Ich würde sagen, dass wir draußen essen und ich helfe dir gern." Grinsend zwinkere ich ihr zu. Sie weiß ganz genau, dass sie mir so viele Fragen stellen darf wie sie nur will. Ich werde ihr jede einzelne beantworten. "Die ist mit Tomaten und Kräutern und klingt sehr gut." Ich deute auf die Karte und sie nickt leicht. "Dann nehme ich die mit Zucchini und wir machen halbe/halbe?" Wir achten tatsächlich immer darauf unterschiedliches zu bestellen, damit wir dann teilen können. Ich mag das sehr. Ich zeige ihr noch einmal die beiden Sachen, damit sie dann bestellen kann. Der junge Mann hinter der Theke ist wieder sehr nett, spricht langsam und macht ihr sogar ein Kompliment. Meine rechte Augenbraue zuckt etwas in die Höhe und ganz automatisch legt sich meine Hand auf ihren Rücken. Der Mann sieht mich an und ich hoffe mein Blick sagt ihm, dass hier nicht geflirtet wird. "Nous nous asseyons dehors.", ergänze ich noch und dann führe ich Mia hinaus. Als wir uns setzen, sehe ich ihr an, dass sie meine kleinen Anflug von Eifersucht bemerkt hat. "Was?" Ich grinse etwas und drehe ihr die Flasche Zitronenlimo auf, bevor ich meine eigene öffne. Diese konnten wir direkt mit rausnehmen.
Ich verdrehe schmunzelnd meine Augen und alles an diesem kurzen Spiel meiner Mimik verrät mein Amüsement. Natürlich amüsiert es mich. Auch schmeichelt es mir durchaus ein bisschen. Was ich jedoch nicht bin oder werden würde in solchen Situationen? Böse. Ich nehme meine Zitronenlimonade in die Hand, die er mir dankenswerterweise geöffnet hat, und trinke einen Schluck - was gar nicht so einfach ist, wenn man schmunzeln muss. Ich bekomme es hin und stelle die Limonade dann wieder ab - zuvor mustere ich jedoch noch das Etikett. "Lecker. Nicht ganz so süß, wie hier und da, oder?" Wir mögen es beide nicht zu süß, sondern lieber natürlich. Ich mag es dabei ein bisschen süßer als er, aber halt nicht zu viel. Leider ist es jedoch oft so, dass Limonaden, nicht nur Zitrone, sehr viel Zucker enthalten, wenn sie nicht gerade selbst gemacht sind. Ich reiße meine Blick von dem Etikett los, stütze meinen Ellbogen auf den Tisch und dann mein Kinn in meine Handinnenfläche. Ich lasse meinen Blick schweifen und versuche erst einmal alles in mich aufzunehmen. Als wir gerade hierhergekommen und dann reingegangen sind, habe ich mir noch nicht einen solchen Eindruck von der Straße und Umgebung machen können. Jetzt ist ist das anders. Wir sitzen sehr gemütlich und haben Zeit bis unser Essen kommt. "Tristan?" Mein Blick hat ist zurück zu ihm gewandert und als ich seinen Namen nenne, begegnen sich unsere Blicke sofort. Wieder zucken meine Mundwinkel zu einem kleinen Schmunzeln in die Höhe. "Wie ist das? Bemerkst du eigentlich Veränderungen? Ich meine, wenn du hier bist. Sind auf einmal viele Restaurants und Geschäfte, Boutiquen und was weiß ich noch weg, wenn du zum Beispiel nach einem Jahr oder nach mehreren wiederkommst? Verändert sich vieles, oder?"
"Tatsächlich sind die meisten Sachen in Europa weniger süß als bei uns. Auch die Getränke. Wir kaufen uns nachher mal eine Sprite. Dann merkst du es richtig." Die Marke, die wir jetzt trinken, kenne ich nicht. Doch die Limo schmeckt mir sehr gut und daher gönne ich mir direkt noch einen zweiten Schluck. Dann höre ich meinen Namen und mein Blick trifft den ihren. Da ist wieder dieses Lächeln auf meinen Lippen, das nur sie hervorbringt. Bei ihrer Frage lasse ich meinen Blick schweifen, als würde ich es kontrollieren. Obwohl ich mich nicht erinnern kann schon einmal hiergewesen zu sein. In der Gegend schon, aber nicht in dieser Straße. Zumindest soweit ich es weiß. "Es ist unterschiedlich." Mein Blick geht wieder zu ihr und ich lächle. "Hier in der Innenstadt sind die beisten Läden immernoch dieselbe. Mir ist jetzt gerade nichts aufgefallen. Bei unserer Wohnung gibt es schon ein paar neue Läden oder die Besitzer haben gewechselt." Ich lehne mich etwas zurück und überlege. "Es ist eigentlich wie in jeder Großstadt. Natürlich gibt es Viertel, die sich entwickeln und in den Touristengebieten machen sich Ketten breit. Die High End Boutiquen werden auch noch dasein, genau wie der h&m." Leicht zucke ich mit meinen Schultern. "Aber in der Innenstadt hält sich kein kleiner Second Hand Laden. Diese findet man dafür aber mehr in den Gegenden, wo die Einheimischen leben." Genau das wollen wir uns ja auch ansehen. Natürlich gehören auch die Touristensachen dazu, denn immerhin sind wir Touristen. Doch ich möchte ihr auch das Paris zeigen, in dem Menschen leben und nicht nur Urlaub machen. "Bei uns um die Ecke gibt es eine kleine Einkaufspassage. Da können wir morgen gern mal hin. Ich hoffe es gibt den Hutladen noch!" Ich muss etwas grinsen. "Da holen wir dir einen Hut. Der Laden ist schon seit Generationen in Familienbesitz und sie haben einen eigenen Hutmacher, verkaufen aber auch Designer-Stücke Second Hand."
"Wenn es dir dann auffällt, wie fühlt es sich an?", frage ich interessiert nach. "Ich bin mir natürlich nicht sicher, aber ich könnte mir vorstellen, dass wenn ich in deiner Situation wäre, ich sowas denken würde wie: Ich war doch gestern erst hier, wieso hat sich das auf einmal verändert? Auch wenn es natürlich nicht gestern war, sondern sich das Jahr nur so anfühlt." Meine Stirn legt sich in Falten. "Vielleicht ist es aber auch eine zu komische Frage.", räume ich dann leise lachend ein. Ich lausche seinen weiteren Worten und freue mich sofort ein bisschen. Ich habe das auch gestern und heute schon ein paar Mal bemerkt - sobald er vorschlägt, dass wir etwas machen könnten, freue ich mich und das obwohl ich mich doch eigentlich schon im Ganzen darüber freue überhaupt hier zu sein. "Das klingt toll. Ich freue mich drauf!" Ich hebe meinen Kopf wieder an und nehme in meine Hand wieder die Limonade, um noch einen Schluck zu trinken. Ich bin sehr gespannt, wie nachher die Sprite schmecken wird. Wenn er sagt, dass man es schmeckt, muss es sehr deutlich sein. "Oh, wir müssen in ganz viele Secondhandläden." Ich liebe es zu stöbern, auch wenn ich mir darüber im Klaren bin, dass ich spätestens nach dem Kauf einer siebenbändigen Buchreihe nicht mehr so viel kaufen sollte. Übermaß ist ohnehin nicht so mein Ding. Ich mag es auch zu stöbern, wenn ich mir nichts kaufen kann oder will. Es bringt schon allein ganz viel Inspiration mit sich. "Vielleicht finden wir ja auch was für dich?" Ich wackel schmunzelnd mit meinen Augenbrauen. Wie wir bereits vor einiger Zeit herausgefunden haben, bereitet es mir sehr viel Freude für ihn zu gucken. Sind wir uns dann immer einig? Nein. Aber tatsächlich in neunzig Prozent der Fällen, so wie es auch andersherum der Fall ist. Ich blicke über meine Schulter hinweg ins Innere des Ladens. "Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass wir erst fünf Minuten warten, aber ich habe Hunger und bin neugierig. Es wäre super, wenn das Essen jetzt kommen würde." Ich drehe meinen Kopf wieder in seine Richtung und lache dabei leise. "Manchmal kann ich ungeduldig sein, hm?"
Ich muss tatsächlich einen Moment über ihre Frage nachdenken. "Tatsächlich ist es dieses Mal anders. Die Geschäfte waren mir meistens egal. Dann gab es eben eine neue Pommesbude. Ich war sonst eher traurig, wenn ein Club zugemacht hatte, in den ich gern gegangen bin. Doch dafür gab es dann eben zwei neue." Mein Blick findet den ihren und ich lächle leicht. "Die Läden, die ich schon vorher mochte, sind noch da. Wahrscheinlich kann ich dir die Frage bei unseren nächsten Urlaub beantworten. Obwohl du sie dann sicherlich selbst beantworten kannst." Ich grinse etwas und meine Hand greift nach der ihren, damit ich sie berühren kann. Meine Finger streichen nur hauchzart die ihren. "Und nein, es ist keine komische Frage. Ganz und gar nicht." Ich weiß was sie meint. Sehr gut sogar. Doch tatsächlich habe ich früher über so etwas nicht nachgedacht. Meistens war ich feiern, habe ich bis zum Nachmittag geschlafen, dann waren wir in irgendeinen Restaurant essen und sind dann wieder feiern gegangen. "Wir gehen in so viele wie wir nur können." Bei ihrem Einwurf, dass wir etwas für mich finden könnten, muss ich etwas grinsen. "Auch für dich. Ich würde es schön finden, wenn du Zuhause ein Outfit hast, in dem du dich wie in Paris fühlst." Vielleicht was schickes? Oder dich lieber etwas für den Alltag? Oder beides? Wir sind beide nicht sehr verschwenderisch, doch wir sind im Urlaub. "Und wir sollten was cooles für Brenda und Billy suchen." Da wir leider nichts zu essen oder zu trinken mitnehmen können, muss es etwas anderes sein und eine Schneekugel mit dem Eifelturm wird für die beiden so oder so gekauft. Aber wir brauchen noch das perfekte Mitbringsel, damit Brenda auch für den nächsten Urlaub wieder einspringt. "Oh ich stehe ziemlich drauf, wenn du ungeduldig bist." Ich wackle mit meinen Augenbrauen und muss dann grinsen. "Soll ich reingehen und Stress machen?" Ich schaue sehr ernst an sie vorbei in den Laden. "Der Typ war mir eh nicht geheuer. Ich mische den auf." Natürlich mache ich Spaß. Doch würde ich es für sie tun? Jederzeit. Allerdings würde sie das niemals von mir verlangen. Wofür ich sie noch mehr liebe. "Ich glaube das sieht gut aus." Der Herr von der Theke bringt uns unsere Quiche und ich nicke ihm dankend zu, während ich mich schon daran mache beide zu halbieren und jeweils eine Hälfte zu tauschen, damit wir beide alles kosten können.
Ich habe mich damit zurückgehalten zu lachen als uns unsere Quiche gebracht wurde, aber nun tue ich es hinter vorgehaltener Hand. "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie man in dieser wunderschönen Sprache jemanden aufmischt." Ich lasse meine Hand sinken, aber schaue immer noch amüsiert drein. "Wenn du auf Französisch fluchst, hört sich das für mich trotzdem wie die reinste Poesie an." Ich beobachte, wie er unser Essen teilt und dann verteilt. Einer von uns beiden tut das immer, wenn wir neues probieren und irgendwie finde ich das eine tolle Angewohnheit. Trifft das Wort Angewohnheit überhaupt? Irgendwie nicht. Vielleicht Ritual? Ich trinke noch einen Schluck von meiner Limonade bevor ich mich daran mache unser Essen zu kosten. "Aber nochmal zurück zu den Mitbringseln für Brenda und Billy beziehungsweise würde ich Olivia und meinen Eltern auch gerne etwas mitbringen. Brad..." Den er inzwischen auch sehr gut kennt. "...hat sich ein Crossaint gewünscht, aber ich musste ihn darüber aufklären, dass wir ihm keine mitbringen können. Zum einen, weil wir es nicht dürfen und zum anderen, weil es sich nicht halten würde. Aber vielleicht finden wir in einem Souveniershop so einen kleinen Schlüsselanhänger oder so. Als kleinen Scherz, aber auch um ihm zu zeigen, dass wir trotzdem an ihn gedacht haben. Was meinst du? Sowas kitschiges gibt es doch bestimmt, oder?" Ich blicke zu ihm hinüber und lächle ihn fragend an. Er kann mir gerade nicht antworten, denn er hat seinen ersten Bissen im Mund und kaut, was mich dazu bringt mit dem Reden aufzuhören und auch endlich zu probieren. Ich werfe nur noch einen kurzen Blick auf seinen Teller, um zu schauen was er zuerst probiert hat, damit ich es ihm gleich tun kann - so können wir direkt vergleichen, wie es uns schmeckt.
Es kommt nicht dazu, dass ich jemanden aufmischen muss. Doch ich bin mir sicher, dass es nicht mehr nach Poesie klingt, wenn ich wütend bin. Wenn ich auf Französisch fluche, dann ist es meistens beim Sex und nur einzelne Worte. Ich teile unser Essen auf lausche Mias Worten, während ich von der ersten Quiche koste. Es ist ihre mit den Tomaten und grinse bei ihrer Idee mit dem Schlüsselanhänger. Das ist wirklich eine gute Idee. "Schmeckt es dir?" Sie hat jetzt auch gekostet und ihr Blick verrät mir, dass es ihr genauso geht wie mir. Die Quiche ist lecker. Nicht umwerfend - ich habe schon bessere gegessen - aber sie schmeckt wirklich gut. "Also so einen Schlüsselanhänger bekommen wir auf jeden Fall! Es gibt auch so Brotdosen in Croissantform. Das wäre vielleicht auch etwas." Ich grinse und koste nun die andere Quiche. "Hm. Die ist wirklich gut." Ich kaue nicht einmal richtig auf, um ihr das zu sagen und halte meine Hand vor meinem Mund. Normalerweise mache ich das nicht, aber nach der Tomaten-Quiche war ich jetzt doch überrascht, dass die andere so lecker ist. Nachdem ich aufgekaut habe, liegt mein Blick einen Moment auf ihr. "Sprechen Olivia und du wieder miteinander?" Ich hoffe es so sehr. Mia vermisst ihre Freundin und ich hoffe wirklich, dass diese wieder mit ihr spricht. Ich wollte nie der Grund sein, dass ihre Freundin nicht mit ihr spricht.
"Entschuldigung? Warum sagst du das erst jetzt? Ich will so eine Brotdose!", lache ich die Worte begeistert. Mein Blick geht von seinen Augen - Oh, diese Augen! - hin zu der Quiche, die er nun probiert. Es ist die, die er ausgewählt hat. Mit Kräutern, wenn ich mich nicht irre. Das ich meinen Blick von ihm losreißen konnte, verdankt das Essen nur der Tatsache, dass er es so lobt. Ich probiere einen kleinen Bissen und nicke bereits anerkennend noch während ich kaue. "Oh, die ist besser." Die andere war auch gut, aber diese ist einfach ein bisschen leckerer. Kaum habe ich aufgekaut, esse ich noch einen Bissen und dieser ist nun größer als der andere, weil ich nicht mehr probiere, sondern genieße. "Hm.", mache ich vorerst als Zeichen dafür, dass ich seine Frage verstanden habe und sie gleich beantworte. Erst muss ich jedoch aufkauen. Es dauert ein paar Sekunden bis ich heruntergeschluckt habe. "Nicht so wie vor noch ein paar Monaten, aber sie antwortet mir wieder, wenn ich ihr schreibe." Ich zucke ganz leicht mit meinen Schultern. "Wir sind noch Freundinnen. Wir waren es die ganze Zeit. Denk nur daran, dass sie sofort zur Stelle war nach den Begebenheiten im Vanilla." Da war sie für mich und ihn da. Sie hat ohne zu zögern geholfen und sich gekümmert ohne das sie überhaupt irgendjemand darum bitten musste. "Das macht Freundschaft aus. Selbst wenn man sich gerade mal nicht mag, was vollkommen in Ordnung ist, ist man für einander da. Ich habe sie damit verletzt, dass ich ihr nicht von Anfang an von uns erzählt habe. Sehr verletzt." Ich seufze leise. "Ich habe das ehrlich gesagt total unterschätzt. Brenda und ich glauben, dass es auch was damit zu tun hat das Olivia immer denkt, sie wäre nur das dritte Rad bei uns, was aber nicht stimmt. Das Brenda es vor ihr wusste, ist wahrscheinlich noch das schlimmste daran." Wieder zucke ich ganz leicht mit meinen Schultern. "So langsam aber sicher wird es aber wieder gut. Sie kann nicht ewig auf mich sauer sein, wie ich schon mal zu dir meinte. Deswegen möchte ich ihr auch etwas mitbringen. Das wird sie freuen." Ich blicke zu seinen Augen hinauf, nachdem ich während meiner Worte die ganze Zeit in meinem Essen herumgestochert habe, und lächle. "Das freut dann wiederum mich." Ich esse einen weiteren Bissen und sehe mich dann wieder einmal ein bisschen um. Mein Umfeld hat seitdem wir den Flughafen verlassen haben, nichts an Wirkung auf mich verloren. Als er mit einem Mal meint, dass die Stimmung nun nicht zerstören wollte, lächle ich ihn wieder an. "Hast du nicht, Tristan. Alles ist gut. Wirklich." Was er hoffentlich meinem Blick, meinem Lächeln und meiner Stimmlage entnehmen kann.
Ich esse zuerst die Tomatenquichehälfte und dann die andere. Ich war schon immer jemand, der sich das, was mir am besten schmeckt, zuletzt isst. So ist es auch jetzt. Dabei lausche ich ihren Worten und nicke ab und zu. Es freut mich wirklich sehr, dass Olivia Mia wieder antwortet. Natürlich gehört es auch dazu, dass man mal sauer aufeinander ist. Das sind aber keine schöne Zeiten und daher hatte ich immer gehofft, dass Olivia antwortet. Und wenn man es genau nimmt, dann hat Mia Brenda auch nichts von uns beiden erzählt. Sie hat sich das selbst zusammengereimt. Was wohl daran lag, dass sie mir Zeit mit mir verbracht, was wiederum wohl daran lag, dass Brenda nicht mit mir schlafen wollte. Ich trinke einen Schluck von meiner Limo und beschließe mir nicht mehr den Kopf darüber zu zerbrechen und hoffe, dass das auch klappen wird. Mein Blick geht zu Mia. Sie spricht nicht mehr und ihr Blick wandert über die Straße. Sie ist so wunderschön. Ich könnte hier stundenlang sitzen und sie einfach nur ansehen und mir würde nicht eine Sekunde langweilig sein. Als sie mir versichert, dass ich die Stimmung nicht kaputt gemacht habe, nicke ich leicht und lasse sie trotzdem einen Moment in Ruhe. Vielleicht möchte sie gerade die Umgebung genießen, ihren Gedanken nachgehen oder einfach in Ruhe essen. Ich greife nach der Büchertüte und hole das Kochbuch heraus, um ein bisschen darin herumzublättern. "Oh... du wirst dir etwas aussuchen." Sie hatte mich gefragt, ob ich schon etwas für heute Abend gefunden habe. "Keine Widerrede. Du suchst etwas aus. Ich esse alles." Tatsächlich habe ich bisher noch nichts gefunden, was ich nicht essen würde. "Hmm..." Mein Blick geht zu ihr und ich grinse. "Nichts, nichts. Du sollst dir das unvoreingenommen ansehen." Ich grinse nur noch mehr und blättere weiter.
"Tristan!", lache ich seinen Namen - es hinbekommend, dass es trotzdem tadelnd klingt. "Hör auf." Ich schüttle amüsiert meinen Kopf bevor ich dann noch einen Bissen esse. Die Tomaten-Quiche habe ich bereits aufgegessen und auch von der Kräuter-Quiche ist nicht mehr viel auf meinem Teller. Die letzten Bissen genieße ich noch einmal ganz besonders. Während ich mich umsehe, dieses Restaurant begutachte und die Menschen, ohne sie anzustarren, immer mal wieder beobachte, schmecke ich diesen köstlichen Geschmack auf meiner Zunge. Ich hoffe, dass wenn ich an die Quiche oder an das Restaurant zurückdenke in irgendeiner Zukunft, ich mich nicht nur an die augenscheinlichen Eindrücke, sondern auch an die geschmacklichen erinnere. Manchmal gelingt das. Manchmal verbinde ich Geschmäcker oder Gerüche mit Orten oder Situationen. Das gefällt mir. Tristan schaut immer mal wieder zwischen dem Kochbuch und mir hin und her - selbst als ich ihn nicht ansehe, spüre ich seinen Blick auf mir. "Oh, jetzt hör aber auf." Ich lege meine Gabel auf den nun leeren Teller und strecke meine Hand nach dem Buch aus. Ich wackle mit meinen Fingern und sehe ihn auffordernd an. "Gib mir das Buch." Er weiß doch ganz genau, wie neugierig ich manchmal sein kann. "Ich möchte selbst gucken." Wieder wackle ich mit meinen Fingern und ich muss von Neuem lachen. "Tristan!"
Ich muss so lachen. "Impatient?" Ich lache immer noch, während ich das Buch wieder beim ersten Rezept aufschlage und es ihr dann so auf den Tisch lege, dass sie es sehen und ich umblättern kann. So kann sie weiter essen und ich kann ihr die Dinge übersetzen, die sie noch nicht weiß. Natürlich gibt es Bilder zu den Gerichten, doch manchmal sind einige Zutaten dabei, die sich nicht so einfach erschließen lassen. Es sind wirklich tolle Rezepte in dem Buch und wir gehen jedes einzelne gemeinsam durch, schließe manche direkt aus. Dennoch betone ich immer wieder, dass sie sich etwas aussuchen soll. Wir werden alles im Supermarkt bekommen. Wie auch bei uns gibt es mittlerweile in fast jedem Laden vegane Alternativen. Daher sollte es kein Problem sein alles zu bekommen. Nachdem wir durch sind, blättern wir wieder zu einigen Rezepten zurück. Mein Favorit ist dabei, auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass sie genau weiß, welches Rezept das ist. Sie kennt mich so gut. Mein Blick geht von dem Buch wieder zu ihr und ich muss lächeln. Mit Lizzy hatte ich immer eine Person um mich, die mich in und auswendig kennt. Doch mit Mia ist es anders. Ganz anders. Ich kann es nicht einmal beschreiben, doch sie kennt mich anders als Lizzy mich kennt. Es ist auf eine ganze eigene Art und Weise unglaublich intensiv. Manchmal sieht sie mich an und ich weiß, dass sie weiß was ich denke. Nein, nicht nur denke. Sie weiß was ich fühle.
Nachdem wir uns alle Rezepte angesehen und Favoriten benannt haben, treffe ich die Entscheidung, auch wenn es mir nicht gerade leicht fällt. Vieles in diesem Buch sieht köstlich aus und ich bin mir sehr sicher, dass es nicht das letzte Mal sein wird, dass wir ein Gericht daraus kochen. Er hat mir nicht verraten, welches Gericht er am Liebsten kochen würde, auch wenn ich weiß, dass er einen Favoriten unter unseren Favoriten hat. Mein Finger tippt auf das Rezept, während ich flüstere: "Nous allons le cuisiner." Ich flüstere nicht, weil ich mir unsicher bin was das Gericht betrifft - ich glaube sogar, dass es sein Favorit ist -, sondern weil ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich den Satz richtig formuliert habe. "C'est vrai?", frage ich lächelnd nach. Meinen Finger habe ich bereits wieder zurückgezogen und meine Hand greift nach meiner Limonade, damit ich sie im Anschluss austrinken kann. Sie war wirklich lecker, weshalb ich meine Zungenspitze noch einmal über meine Lippen treifen lasse und sie dann übereinander rolle, um noch den letzten Hauch des Zitronengeschmacks einzufangen. "Sollen wir gleich zurück zum Roller? Die Bücher verstauen, einkaufen und dann alles nach Hause bringen? So charmant und galant ich es auch finde, dass du die Tüte trägst, ich finde es nicht gut, dass du die ganze Zeit so schwer trägst."
Ich lächle sie an und nicke bei ihrer Frage. "Parfait. En plus, c'est mon préféré." Nun zwinkere ich ihr zu und ihr Blick verrät mir, dass sie das schon vermutet hat. Auch ich trinke meine Limo noch aus, bevor ich das Kochbuch wieder bei den anderen Büchern verstaue. "Les livres doivent être lourds, car ils contiennent tout un monde." Wir stehen schon auf, während ich die Worte zu ihr sage, von denen ich mir sicher bin, dass sie diese kennt. Allerdings wird sie diese jetzt nicht übersetzen können. Mia bringt unsere Teller und leeren Flaschen zu dem Küchenwagen und kommt dann wieder zu mir. Was hast du gesagt? Meine Hand greift nach der ihren und wir gehen zurück zur Vespa - einen etwas anderen Weg, der kürzer ist, aber natürlich noch einmal am Eifelturm vorbei. "Bücher müssen schwer sein, weil eine ganze Welt in ihnen steckt." Unsere Blicke treffen sich und ich lächle sie an. Natürlich halten wir noch einmal Eifelturm, um den Anblick noch einmal zu genießen. Am Moped verstaue ich die Bücher, nachdem wir unsere Helme aus dem kleinen Lager genommen haben und nachdem wir beide sicher verpackt sind, geht es auch einkaufen und dann heim.
Solche Momente, wie diese zwei in den letzten paar Minuten - es gibt aber noch unzählige mehr - als er das Zitat genannt oder meine Hand gedrückt hat als wir noch einmal für ein paar Sekunden am Eifelturm innegehalten haben, um uns nicht nur dieses Wahrzeichen einer Stadt, sondern Schauplatz unzähliger Geschichten aus Büchern anzusehen, machen mir immer und immer wieder deutlich, warum ich diesem Mann derart verfallen bin. Es gibt, wie erwähnt, so viele von diesen Momenten und Gefühlen, dass ich sie nicht zählen kann, aber ich koste es jedes Mal wieder auf's Neue aus, weil es zum einen genau das für mich ist - neu - und weil es sich zum anderen einfach wundervoll anfühlt von jemandem geliebt zu werden, der in vielem unterschiedlich, aber in genau den richtigen Dingen genauso denkt und fühlt wie man selbst. Bei dem Gedanken schmiege ich mich noch ein bisschen enger an ihn. Meine Arme umschließen ihn fester und ich seufze leise, was niemand hören kann, weil es sich mit dem Geräusch des Motors und all den Geräuschen der Stadt vermischt. Wenn ich keinen Helm tragen würde, würde ich nun meine Wange an seine Schulter lehnen. So lass ich meinen Blick schweifen und die Stadt auf mich wirken, die nicht nur Schauplatz von Liebesgeschichten in Büchern ist, sondern nun auch Teil meiner eigenen Liebesgeschichte. Als wir anhalten, um einzukaufen und er mir meinen Helm abnimmt, fragt er mich warum ich so lächle, doch ich zwinkere ihm nur zu und bleibe ihm eine Antwort in Worten schuldig. Er bedrängt mich nicht, so wie er das nie tut, und so gehen wir gemeinsam einkaufen. Wir bekommen tatsächlich alle Zutaten, die wir benötigen, auch die veganen, und können dann mit all den neuen Erinnerungen und Einläufen in die wunderschöne Wohnung fahren, in der wir zurzeit leben.